Volltext: Der Weltkrieg in 28 Einzeldarstellungen (1 ; 1921)

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v. Lettow-Vorbeck 
einen ebenbürtigen Gegner vor. Auch wir da draußen haben viel 
erlebt, was erhebend und auf feine Art groß war. 
Zwei Jahre später, vor den übermächtigen Verstärkungen des 
Feindes wär unsere kleine Truppe in zähem Ringen nach Süden aus¬ 
gewichen. verschiedene Teile waren abgesprengt worden und hatten 
sich ergeben. Aber unerschüttert standen die beiden bsauptgruppen 
im Felde: Die eine bei Mahenge und die andere in der Südostecke 
des Schutzgebietes, im Bezirk Lindi. Seit Oktober <01? bestand zwischen 
beiden keine Verbindung mehr, von Kilwa im Norden, von Lindi 
im Osten und von Tunduru im Westen her wurde die Lindi-Gruppe 
hart bedrängt; auch im Süden, längs des Rovuma-Flusses, hatte 
sich stärkerer Feind zur Absperrung zusammengezogen. 0" einzelnen 
wuchtigen Schlägen erlitten die feindlichen Kolonnen schwere Ver¬ 
luste; noch im Oktober war in viertägigem Kampf bei Mahiva eine 
den Unseren um das vierfache überlegene Division schwer aeschlagen 
worden. Aber immer neue Truppen führte der Feind heran, unaus¬ 
gesetzt erkundeten feine Flieger. Für einen Gefechtstag führte jedes 
seiner zahlreichen Geschütze 200 Schuß; soviel wie wir in unseren 
gesamten Beständen hatten. Schlimm sah es mit unseren Patronen 
aus: noch 20 Schuß für das moderne Gewehr! Alles, was von alter 
rauchstarker Munition noch aufgetrieben werden konnte, wurde zu¬ 
sammengekratzt; aber es fehlte an passenden Gewehren. So konnte 
immer nur der dritte Teil einer Kompagnie fechten; mit seinen Rauch^- 
wolken gab er im Busch den englischen Minenwerfern ein bequemes 
Aiel. Dazu die immer enger werdende feindliche Einkreisung. Der 
Feind hatte gelernt; es wollte sich zu einem Teilerfolg und zum Er¬ 
beuten von Munition keine Gelegenheit bieten. 
Die Verpflegung war nahezu aufgezehrt. Die Truppe war zu 
schwach, um die im Lande notgedrungen zerstreut angelegten Maga¬ 
zine gegen Handstreich zu schützen. Eins nach dem andern war dem 
Feind in die Hände gefallen oder vernichtet worden. In den wenigen 
noch vorhandenen Beständen zeigte sich, daß Insekten die Körner hohl 
gefressen hatten, wie sollte die Truppe, die sich mit über s0 000 
Soldaten und Nichtkämpfern immer enger zusammendrängte, weiter¬ 
hin verpflegt, wie sollte sie ärztlich versorgt werden? Noch für einen 
Monat reichten die Lhininvorräte; das Verbandzeug war ziemlich 
restlos aufgebraucht! In der Gegend von Thiwata lag alles, was 
an Verpflegung und Material noch vorhanden war. Da lagen auch 
die mehr als Tausend Kranken und die Gefangenen. 
Die Mahenge-Truppen hatten Weisung, sich heranzuziehen, 
vielleicht bot sich bei ihrer Annäherung noch einmal Gelegenheit 
zu einem wuchtigen Schlage. Tag auf Tag verrann, sie kamen nicht. 
Mitte November waren die feindlichen Kolonnen dicht heran¬ 
gekommen. Im Norden, Westen und Süden von Thiwata bestand-
	        
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