Volltext: Der Weltkrieg in 28 Einzeldarstellungen (1 ; 1921)

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über die opferrauchenden Gefilde. Der „Tod von Hpern" hat sein 
Merk getan. Ls war abgesehen vom Ende der menschlich tragischeste 
Augenblick des Krieges, damals nur von wenigen geahnt und er¬ 
messen, als Deutschland, um zu leben, seine Zukunft, seine Jugend 
in den Tod werfen mußte und es war der stolzesten deutschen 
Erlebnisse eins, daß diese deutsche Jugend singend in den Tod 
schritt. Begeistert, tatbereit, wie sie sangen: „Hab und Leben Dir zu 
geben sind wir allesamt bereit!" 
Als ich nach der Gasschlacht im Frühjahr \9\5 zum erstenmal 
nach Flandern kam, hatte sich der „Tod von Hpern" in die Trümmer 
der Stadt zurückgezogen, Ruhe war an der Flandernfront eingezogen. 
Knapp hinter der Linie konnte man im Feld zwischen rotem Mohn und 
blauer Zichorie träumen und mit den weißen Molken ostwärts treiben, 
der Sehnsucht nach. So ruhig blieb es. Zwei Jahre lang. Nur 
selten sprang der zuckende Blitz eines jähen Kampftags aus dem 
Gleichmaß der übrigen. Auch die Ruhe freilich ward blutig, dafür 
sorgte schon die Eigenart des Geländes. Und der Bogen von Hpern 
blieb doch immer ein feindliches Sprungbrett. 
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Zm Frühjahr 19!? reckte sich der „Tod von kapern" neu und jäh 
empor, gespenstig, riß Hunderte aus berstenden Minenexplosionen 
in seinen Arm und führte im Sturmschritt die englischen Regimenter 
zum Stoß durch die deutsche Front. Trotz aller Überraschung und 
Kraft vergebens! Aber es blieb nur wie ein erstes Atemholen. 
Gewitterschwüle lastet über den Geländewellen, umgeistet die pappel¬ 
gesäumten Straßen, nistet in den Unterständen und Dorftrümmern. 
Und raunt ein zerrissenes Lied. Drinnen klingt's wie Tubastöße 
drohender Schlachten, drinnen schluchzt es wie das Weinen von 
Müttern. Die Heere halten den Atem an, gewärtig neuen Ringens 
um das deutsche Schicksal. 
Und während der Sommer ins Land geht und verglutet, stöhnt 
die Erde Westflanderns unter der Wucht eines Granathagels ohne 
Ende und bäumt sich unter dem wilden Müten des Trommelfeuers, 
das sieben Schlachten einläutet, die einander von Mal zu Mal über¬ 
bieten in Glut und Gewalt. Zum zweitenmal steht in Flandern das 
Schicksal Deutschlands auf dem Spiel. 
Und zugleich das Englands. Denn alle sieben, vom letzten Juli- 
tag an schlug der Brite um ein Ziel: Durchbruch. Das bedeutete 
strategisch: Vormarsch; einmal in der Richtung der Küste auf Brügge 
und Zeebrügge — dort saß die Ubootspest —, und zum andern in 
Richtung Antwerpen, Brüssel — das bedeutete Wiederaufnahme des 
großen vlans vom Herbst 1$: Aufrollung der Westfront, durch Bel¬ 
gien zum Rhein! 
Dem weitgesteckten Ziel entsprachen die MittelBatterie stand 
neben Batterie. Munitionsmengen lagen bereit, die täglich den-
	        
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