Volltext: Der Weltkrieg in 28 Einzeldarstellungen (1 ; 1921)

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Sedlar 
abgespannt ziehen die Abgelösten den Ruhequartieren entgegen, 
plötzlich durchbrechen zwei rasch aufeinanderfolgende Donnerschläge 
von furchtbarer Gewalt die Stille des Morgens, daß die Kolonne 
stockt und entsetzt aufhorcht. Ächzend und widerwillig hob und dehnte 
sich der Berg oben in seinen Fugen, ein kurzer Augenblick noch und 
schon durchschneiden zentnerschwere Felsblöcke in rasendem Flug die 
Lüfte, schon wird das Jammergeschrei vom (Limonegipfel hörbar, 
der völlig verschwunden ist und unter seinen Trümmern die italie¬ 
nischen 2s9er begraben hat! — Ein moderner Dürer'scher Toten¬ 
tanz im Hochgebirge! — 
Planmäßig, unerbittlich genau, hatte das Zerstörungswerk ein¬ 
gesetzt. Um 5,H5 Uhr früh hatte Oberleutnant Mlaker selbst durch 
einen Druck auf den Knopf des Glühzünderapparates die Spreng¬ 
ladung entzündet, — die Limonespitze war gewesen. Lin unge¬ 
heurer, 22 m tiefer, zirka 50 m breiter Sprengtrichter klafft wie 
eine schwere Wunde am Körper der Mutter Erde dort, wo vordem 
der Gipfel weithin sichtbar aufgeragt. Ringsum ein wüstes 
Trümmerfeld. 
Nun hat die Infanterie das Wort. Kaum ist der Donner der 
Explosion verhallt, so brechen sie schon aus den schützenden Höhlen 
heraus, die 59 er, wo sie auf der Lauer gelegen, einzeln abgefallen, 
entlang dem schmalen Grate dem Sprengtrichter zu, den es rasch 
zu besetzen gilt. Unerwartete Hindernisse stellen sich den Stürmenden 
entgegen. Noch ist die Dunkelheit der Nacht nicht gewichen und 
stärker als erwünscht. Unsicher tasten auch die gut Orientierten vor¬ 
wärts, es fehlt ja auch die Bergspitze als gewohnter Richtungs¬ 
punkt; ihre Trümmer haben den Zugang zum Trichter fast un¬ 
gangbar gemacht. 
Doch nichts vermag die Braven aufzuhalten. Nasch ist der 
Trichter erreicht, rasch ordnen sich die verbände, eine kurze Atem¬ 
pause und schon brechen die drei Kolonnen heraus, sich fächerförmig 
entfaltend zum entscheidenden, umfassenden Angriff auf den Feind, 
der sich nach der ersten Betäubung aufgerafft hat und vom Südrand 
des Limonestocks, an den er sich angeklammert hat, die Stürmenden 
mit wütendem Feuer empfängt. Zwei von den drei Kolonnen¬ 
kommandanten, die Leutnants Hayer und Wachtel, sterben den 
Heldentod, mit ihnen manch einer der Ihrigen. Aber keine Gruppe 
läßt die andere im Stich; im schwierigsten Felsgelände, noch immer 
in ungewissem Dämmerlicht, kämpfend und einander unterstützend, 
gelingt trotz allem die Umfassung, der Rest der feindlichen Limone¬ 
besatzung streckt die Waffen, — eine neuerliche, glänzende Er¬ 
probung der vielbewährten Kampfestüchtigkeit unserer 59 er. 
Es ist 6 Uhr! Unsere Geschütze erheben ihre Stimme, sie 
legen Sperrfeuer um den Limone. Noch schweigen des Feindes 
Batterien, aber nach kaum 20 Minuten sausen bereits seine eisernen 
Gegengrüße vom M. Laviojo und vom Val di Sila zum M. Limone
	        
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