Volltext: Der Weltkrieg in 28 Einzeldarstellungen (1 ; 1921)

Skagerrak 
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die Toten aufnehmen sollten, in ein Meer von Blumen verwandelt; 
darin standen nun, von Kriegsflaggen bedeckt, die Särge der Ge¬ 
fallenen, im Tode vereint, wie sie im Leben Schulter an Schulter 
gekämpft hatten. Nach kurzen Ansprachen der Geistlichen krachten 
die Ehrensalven über die Gräber und wir nahmen Abschied von 
unseren guten Kameraden. 
Zur werktagsarbeit zurück! Die beschädigten Schiffe mußten 
schnell wieder instand gesetzt werden; alle deutschen Werften halfen, 
dies« Arbeit in kürzester Zeit fertig zu bringen, denn jetzt kam es 
darauf an, möglichst bald wieder mit der ganzen Hochseeflotte auf 
der See zu erscheinen. 
„Seydlitz" hat noch manche stolze Kriegsfahrt mitgemacht, die 
zum Teil bis hoch hinauf in die Linie Stavanger-Shetlands führten. 
Die englische Flotte sahen wir nicht wieder, bis zu jenem grauen 
Novembertage H9H.8, an dem sich die deutsche Hochseeflotte, ejn 
Opfer verlockender Verführungskünste der Heimat und des Aus¬ 
landes, ihrem Gegner wehrlos auslieferte. Als im Juni 1919 die 
Friedensverhandlungen über das unerhörte Auslieferungsverlangen 
der Entente ins Stocken gerieten, als mit dem Abbruch der Ver¬ 
handlungen und der Wiedereröffnung der Feindseligkeiten gerechnet 
werden mußte, da beseelte wieder nur ein Gedanke die deutschen 
Besatzungen: Ohre Schiffe retten-, retten vor der schlimmsten Schande, 
die nun zu befürchten war: daß die Schiffe ganz in die Hände der 
Feinde gerieten und von englischen Matrosen besetzt wurden. Am 
2f. »Juni 1919 versank die gesamte deutsche Hochseeflotte in den Fluten 
der Bücht von Scapa Flow; die deutschen Seeleute hatten ihre 
Schiffe vernichtet, um sie vor der Entehrung durch den Feind zu 
bewähren. 
So liegt nun auch unsere gute „Seydlitz" Kiel oben, ein toter 
Schiffsrumpf, auf dem Meeresboden dort oben in Scapa Flow. Der 
Schiffskörper ist tot, für alle Zeiten tot; aber der Geist, der ihn 
durchlebt hat, der Geist des alten Horck und Seydlitz, er lebt noch, 
er lebt, des bin ich gewiß, in den Kerzen all der Männer, die in 
ruhmreichen Tagen auf diesem Schiff gekämpft haben, vier lange 
Jahre hindurch. Möge dieser Geist, der augenblicklich zu schlum¬ 
mern scheint, der Geist freudiger selbstloser Aufopferung für die 
Brüder, für die deutsche Sache, wieder erwachen und Eingang fin- 
den in allen deutschen Herzen, um das geliebte Vaterland aus der 
Erniedrigung wieder emporzuführen zu neuer Blüte und zu neuer 
Achtung, vor sich selbst und vor der Welt. 
„Drauf Seydlitz!"
	        
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