Volltext: Der Weltkrieg in 28 Einzeldarstellungen (1 ; 1921)

Ayesha 
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dauernd heulten die Leute und erinnerten uns damit an das nächt¬ 
liche Schreien von einem Kater und einer Ratze. Dieses nennen näm¬ 
lich die Menschen dort singen. Unsere Nerven waren auf das höchste 
gespannt; ich dachte auch bei mir selbst: „was mag das wohl für 
ein Aufzug sein?" Mich dürstete, denn die kleine Menge Reis mit 
Wasser, die ich am Morgen zu mir genommen hatte, steigerte den 
Durst zur <Vual. Beim Leutnant Gertz und meinem Kameraden war 
das auch der Fall, obwohl der Leutnant seine ganze Willenskraft 
einsetzte, um standhaft zu bleiben, sah ich ihm an, daß er wie wir 
ermattet war zum Umfallen. 
Jetzt war der Trupp, der weit über sOO Ramelreiter zählte, 
an unsere Wagenburg herangekommen. Der Rapitänleutnant sprang 
aus seinem Loch heraus, dem Trupp entgegen, wir hatten alle unsere 
Knarren und Pistolen geladen, klar zu schießen, aber dieses Mal 
sollte die Sache friedlich abgehen. Liner der entsandten Boten hatte 
Dschidda erreicht und die Türken von unserer unangenehmen Lage 
benachrichtigt. Da wir uns im Bereich des heiligen Landes be¬ 
fanden, war es den Türken unmöglich, uns Hilfe zu senden, aber 
drahtlich wurde der Scherif von Mekka benachrichtigt, der mit seinen 
Leuten nun gekommen war und uns mit der heiligen Fahne vor 
diesem Araberpack rettete. 
Für uns war es die höchste Zeit gewesen, denn die Munition 
neigte sich zu Lüde, außerdem war der Wasservorrat ganz und gar 
zur Neige gegangen. Das Bild der Zukunft hatte für uns zwei 
Seiten, die eine zeigte uns den Heldentod auf heißer Wüstenerde, 
die andere die Heimat, unser Ziel. Nun war es vorbei, wir weilten 
als Sieger auf der Walstatt. „Alles raus aus der Deckung," rief 
abermals der Kommandant. Am schnellsten begriffen die Araber 
die Worte, obwohl die schwarzen Bestien den Befehl wirklich nicht 
verstanden hatten. Die Reiter waren von ihren Tieren abgesessen 
und banden die wassersäcke, die an jeder Seite der Kamele befestigt 
waren, los. Der Kommandant stand abseits und unterhielt sich mit 
einem halb europäisch, halb in Araber-Tracht gekleideten Araber, 
dem Leibarzt des Scherifs, welcher ein gutes Französisch sprach. Die 
heiligen Reiter — alles saubere, weiß gekleidete, schlanke Ge¬ 
stalten, teilten Wasser aus. In dickem Strahl sogen die Seeleute das 
edle Naß ein. Die ermatteten Körper reckten sich und das Auge 
bekam einen Hellen Glanz, wir waren wieder die Alten geworden, 
das Wasser hatte Wunder getan. Unsere verwundeten hatten auch 
einen guten Tag. Der Scherif hatte Verbandzeug und weine für 
die armen Kerle mitgesandt. Dr. Lang konnte nun seines Amtes 
walten. Die alten, schmierigen Lappen, die man um die wunden 
gelegt, um sie vor weiteren Unreinlichkeiten zu schützen, wurden ent¬ 
fernt und nachdem der gute Dr. Lang die wunden sachgemäß be¬ 
handelt hatte, verband er sie mit einem blendend weißen verband. 
Lin dankbares Lächeln auf den bleichen, versandeten Wangen der 
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