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Die letzten Lebensjahre (1872 -1884).
„Sollte vielleicht durch längere Krankheit
mein Geist geschwächt werden und ein allfälliger
Versuch von kirchlicher Seite, mich inletzter Stunde
noch zu bekehren, mich etwa willig finden, dem
Drängen nachzugeben, so mache ich Euch, meine hier
anwesenden Freunde, für diesen Fall jetzt, zu dieser
Stunde, verantwortlich. Ihr sollt Zeugnis ab—
legen, daß ich meine Anschauungen bis zu dieser
Stunde nicht im Geringsten geändert habe und daß
ich auch jetzt noch gewillt bin, dabei zu bleiben, so
lange ich die Kraft habe, Etwas zu wollen!“
Noch wollte er selbst an seine fernen Freunde schreiben,
ihnen zu sagen, daß er krank und am Sterben sei, und daß sie
ihn also wohl nicht mehr lebend auf dem Primesberg antreffen
würden. Aber — mit dem Schreiben war es für immer fertig.
Er mußte aufs Lager hinübergetragen werden, schlief ein —
schon um 8 Uhr Abends muß eine Lähmung eingetreten sein —
ohne irgend eine Anwandlung von Todeskampf trat am Morgen
darauf, Montag den 31. März früh 3 Uhr, der letzte schwache
Athemzug über seine Lippen.
So starb der Freidenker! Gruß Dir, Denker und Thäter
im Leben! Gruß Dir, Sieger im Sterben!
Schon am Dienstag, 1. April, Nachmittags wurde sein Leib
der Erde übergeben. Den fernen Freunden in Dresden, Berlin,
Gotha, Wien, Zürich und weiter draußen war es nicht möglich,
ihrem Primesberger Alten das letzte Geleite zu geben. Dagegen
berichteten schon die ersten Morgenblätter Wiens vom Tag nach
Deubler's Tod über das Ereignis. Und als an diesem selben Tage
die Sonne über die schneebedeckten Berge ins Traunthal leuch—
tete, da strömten dort die Gebirgsbewohner in großen Scharen
zusammen. Da kamen sie von Hallstatt herunter, von St. Wolf—
gang herüber, von Ischl, auch aus der Gosau, wohin Deubler
seine liebsten Freunde so oft begleitet hatte, von St. Agatha,
Steg, Laufen, Ebensee und Gmunden — Männer und Frauen
kamen sie von allen Enden, alte, sehr alte Leute mit Thränen