Full text: Tagebücher, Biographie und Briefwechsel des oberösterreichischen Bauernphilosophen. Erster Theil: Konrad Deubler's Lebens- und Entwicklungsgang. (1)

278 Die letzten Lebensjahre (1872 -1884). 
nicht erspart blieb: die ganze Beerdigungs-Feier hatte den 
Charakter des Kirchlichen an sich. Ohne Zweifel hatte Deubler 
im Drang anderer Geschäfte darüber keine vorausbestimmenden 
Anordnungen getroffen; denn sonst hätte es nicht geschehen 
können, daß die officielle Traueranzeige also lautete: „Gott dem 
Allmächtigen hat es gefallen, den Hochwohlgeborenen Herrn 
Konrad Deubler, Realitätenbesitzer in Goisern, nach kurzem 
Leiden in, ein besseres Leben abzurufen“. Und gar das 
Krucifix als Emblem auf dem Sarg anzubringen, das hätte 
man füglich unterlassen dürfen; denn Deubler haßte das Kreuz, 
und es war dieses Symbol des Glaubens ein Hohn auf seiner 
Sargdecke, ein Hohn dem Freidenker — in den Augen des gläu— 
bigen Christen war's auch eine Profanation des Symboles selbst. 
Und unpassend war der *stündige Sermon des lutherischen 
Geistlichen im Angesicht dieses Grabes, das einen Gegner 
der Kirche aufnahm, Angesichts einer Menschenmenge, die nach 
Tausenden zählte und welche der Friedhof nicht zu fassen ver— 
mochte, Angesichts einer Menge von freidenkerischen Gesinnungs— 
genossen; unpassend zumal der polemisirende Leichentext: „Wahr— 
lich, ich sage euch, wer meinen Worten glaubt, wird den Tod 
nicht sehen“ — unpassend war es, den Gottlosen am Grabe 
Deubler's Seitenhiebe zu versetzen. Aber rührend war's, daß die 
dankbaren Kinder der Schule Goisern ihrem verstorbenen Freunde 
ein passend Lied: „Nun ruhen alle Wälder“ ins Grab nach— 
sangen, und sehr loyal war es vom Pastor Wehrenfennig und 
mag hier als versöhnendes Moment gelten, daß er schließlich sich 
zu dem Zeugnis herbeiließ: Deubler sei ein mildthätiger Mensch 
gewesen. Ja ja, er war ein Mensch, ein ganzer Mensch! 
Groß wie er war im Schaffen und Denken seines kräftigsten 
Mannesalters war Deubler auch in seinen letztwilligen Verfü— 
gungen. Seine zweite Frau, seine „liebe Nandl“, mit der er 
9 Jahre in durchaus ungetrübtem Frieden und Glück zusammen— 
lebte und die ihm seinen Lebensabend bis zur Stufe vollendeter 
Wunschlosigkeit ausgestaltete, stellte er für den Rest ihres Daseins 
in ökonomische Unabhängigkeit. Seine Ziehtochter und deren
	        
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