Volltext: Die österreichisch-ungarischen Dokumente zum Kriegsausbruch

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Land hiefür zu erhalten. Schließlich was Rumänien betrifft, so 
glaube ich, daß unser Bündnis mit Bulgarien die einzige Möglich¬ 
keit bietet, Rumänien zurückzubekommen. Bei allem Größenwahn 
der Rumänen ist nämlich die entscheidende Triebkraft in der 
Psyche dieses Volkes die Angst vor Bulgarien. Werden sie sehen, 
daß sie uns von einem Bündnis mit Bulgarien nicht zurückhalten 
konnten, so werden sie vielleicht suchen, in den Bund aufgenommen 
zu werden, um in dieser W^eise vor bulgarischer Aggression ge¬ 
schützt zu werden. 
Das sind die Hauptgesichtspunkte, welche eine energische 
Aktion meines Erachtens zu einer dringenden Notwendigkeit 
machen, und da der bevorstehende Besuch des Kaisers Wilhelm 
möglicherweise Gelegenheit hiezu bieten wird, so hielt ich mich ver¬ 
pflichtet, mit der alleruntertänigsten Bitte an Eure Majestät heran¬ 
zutreten, die Anwesenheit Kaisers Wilhelm in Wien allergnädigst 
benützen zu wollen, um die Eingenommenheit dieses hohen Herrn 
für Serbien an der Hand der letzten empörenden Ereignisse zu 
bekämpfen und ihn zur tatkräftigen Unterstützung unserer Balkan¬ 
politik zu bewegen. 
Budapest, i. Juli 1914 
(gez.) Stefan Graf Tisza 
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Unterredung Graf Berchtolds mit dem deutschen Botschafter 
Tagesbericht Nr. 3095 Wien, den 3. Juli 1914 
Im Laufe einer Unterredung mit dem deutschen Botschafter 
am 2. Juli 1. J. habe ich auf die nunmehr durch das Drama von 
Sarajevo neuerlich zutage getretenen äußerst bedenklichen Folgen 
der systematischen groß serbischen Wühlarbeit hingewiesen und 
hiebei bemerkt, daß diesem gefährlichen Treiben nur durch rück¬ 
sichtsloses Vorgehen gegen Serbien ein Ende bereitet werden 
könnte. Dies sei ebensosehr von unserem Interesse geboten wie 
von jenem Deutschlands. Die heutige Semliner Meldung, wonach 
12 Mordbuben unterwegs seien mit der Absicht, ein Attentat auf 
Kaiser Wilhelm auszuüben, werde doch vielleicht in Berlin die 
Augen öffnen über die Gefahr, die von Belgrad aus droht. 
Herr von Tschirschky stellte letzteres nicht in Abrede und ver¬ 
sicherte, daß, seiner Ansicht nach, nur ein tatkräftiges Vorgehen 
gegen Serbien zum Ziele führen könne. Wie ich wisse, habe 
Deutschland mehrmals während der Krise erklärt, daß es hinsicht¬ 
lich der Balkanpolitik stets hinter uns stehen werde, wenn sich dies 
als notwendig erweisen sollte.
	        
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