Plan für die Vorrückung des Orientheeres
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schätzte nach dem Zerfall des bulgarischen Heeres die in Serbien und
Bulgarien noch verbliebenen deutschen und öst.-ung. Truppen auf etwa
9 Bataillone, einige Batterien und 14 Maschinengewehrabteilungenx),
Kräfte, die auf weiten Raum verteilt, nach den vorausgegangenen schwe¬
ren Kämpfen und Strapazen keineswegs zu nachhaltigem Widerstand
befähigt schienen. Bei der großen Bedeutung, die der Balkan für die
Mittelmächte hatte, mußte jedoch mit dem Aufbau einer neuen Verteidi¬
gungsfront unter Führung des GFM. Mackensen gerechnet werden2). Die
Möglichkeit hiezu schien gegeben, da man die deutsch-österreichischen
Streitkräfte in Rußland und in Rumänien auf 49 Infanterie- und 101/2 Ka¬
valleriedivisionen, weiters die österreichischen Reserven an der Südwest¬
front auf 251/2 Infanterie- unid 3 Kavalleriedivisionen veranschlagte. Hiebei
fiel wohl ins Gewicht, daß das Heranführen entsprechend starker Ver¬
bände mindestens vier Wochen in Anspruch nehmen würde. Dieses
Schwächemoment mußte ausgenützt werden, um möglichst weite Gebiete
Alt-Serbiens zu besetzen und den Aufmarsch der deutschen und der öst.-
ung. Truppen zu stören. So erhielt denn die östlich von Skoplje stehende
serbische 1. Armee den Auftrag, so rasch wie möglich nach Norden vor¬
zustoßen und den so bedeutungsvollen Bahnknotenpunkt Nis in Besitz zu
nehmen3). In breiter Front sollten die drei Infanteriedivisionen dieser
Armee am 1. Oktober die Vorrückung beiderseits des Moravatales nach
Norden aufnehmen, um bis zum 8. Oktober die Linie Prokuplje—Nis—•
Bela Palanka zu erreichen. Die serbische Kavalleriedivision hatte, westlich
ausholend, die Eisenbahnlinie zwischen Leskovac und Nis zu unterbre¬
chen, die afrikanischen Reiter der französischen Kavalleriebrigade unter
dem General Juinot-Gambetta sollten die östliche Flanke der vorrücken¬
den Serben schützen.
Die übrigen Truppen des Orientheeres hatten eine Gruppierung ¡an¬
zunehmen, die in gleicherweise die Abwehr von Gegenangriffen wie das
Fortführen der Offensive nach Serbien und Bulgarien sowie gegen Kon¬
stantinopel ermöglichen sollte.
So stießen denn die in breiter Front vorrückenden, an den Flügeln
von starker Kavallerie begleiteten Serben der 1. Armee, deren Schritt die
Sehnsucht nach dem heimatlichen Boden beflügelte, auf die schlechtver¬
sorgten, kampfesmüden, an Zahl vielfach unterlegenen Kämpfer der
k. u.k. 9. Division. Das Schicksal mußte seinen Lauf nehmen.
!) Franz. Gstb. W., VIII, 3. Teil, 359.
2) Ebenda, VIII, 3. Teil, 361.
3) Ebenda, VIII, 3. Teil, 377.