Volltext: Das Kriegsjahr 1917 ; 6. Das Kriegsjahr 1917 ; [Textbd.] ; (6. Das Kriegsjahr 1917 ; [Textbd.] ;)

Die Beschlüsse von Mohilew 
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Zur weiteren Entschlußfassung traten Ende Dezember im Haupt¬ 
quartier zu Mohilew der Zar und Gen. Gurko mit den Befehlshabern 
der drei russischen Fronten zusammen; hiebe i ergaben sich wesentliche 
Meinungsverschiedenheiten. Die Befehlshaber der Nord- und der West¬ 
front, die Generale Rußki und Ewert, trugen, im Gegensatz zu ihrem 
Verhalten im Jahre 1916, viel Tatenfreudigkeit zur Schau. Sie forderten, 
daß die entscheidenden Kriegshandlungen nördlich vom Polesie zu 
führen seien. Rußki wünschte von Riga aus nach Süden vorzustoßen. 
Ewert glaubte mit einem von Smorgon auf Wilna geführten Haupt¬ 
angriff der Sache am besten nützen zu können. An der Südwestfront 
wollte Brussilow auf dem kürzesten Wege gegen Lemberg angreifen1). 
Verfolgte somit jeder Frontkommandant seine Sonderziele, so waren 
sie sich doch darin einig, daß die Offensive nicht vor Ende April oder 
Anfang Mai beginnen könne. Für den gleichen Zeitpunkt nahm man 
auch die Verstärkung der rumänischen Front durch etwa 20 Divisionen 
in Aussicht, da man hoffte, die hiezu nötigen Bahnausgestaltungen bis 
dahin beendet zu haben. 
Anders die Stawka; Zar und Stabschef waren zunächst gewillt, im 
Sinne der Beschlüsse von Chantilly noch im Winter an der rumänischen 
Front den Angriff gegen Bulgarien losbrechen zu lassen, der eben 
weitere Kräfte zurollten. Da die Frontkommandanten dagegen Einspra¬ 
che erhoben, einigte man sich schließlich zu einem Mittelding. Kam der 
Angriff der Westmächte tatsächlich im Februar zustande, so wollte man 
bei jeder Heeresfront den Gegner durch Unternehmungen fesseln, die 
Hauptangriffe, insbesondere gegen Bulgarien, aber auf das Frühjahr 
verschieben. Bis dahin hoffte man auch in der Beschaffung des Kriegs¬ 
gerätes um einen großen Schritt vorwärtsgekommen zu sein und die im 
Gange befindliche Heeresvermehrung durchgeführt zu haben2). 
Die Beschlüsse von Mohilew blieben nicht unwidersprochen. Sowohl 
der sich wieder seiner ursprünglichen Ansicht besinnende Gen. Ewert 
wie der in der Krim zur Erholung weilende Gen. Alexe je w trugen Be¬ 
denken gegen eine Verwendung der Masse des Zarenheeres in Rumä¬ 
nien, weil sich Deutschland dann auf die von Reserven entblößte rus¬ 
sische Front werfen konnte. Nach der Meinung Alexejews war der 
Hauptangriff auf Lemberg und auf Máramaros-Sziget zu führen, indes 
sich die Nordfront, die anfangs Jänner bei Riga eben einen vereinzelten 
1) Mémoires du Général Brous s ilo v. Guerre 1914—1918 (In französischer 
Sprache, Paris 1920), 240. 
2) Gurko, 172.
	        
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