Volltext: Die Ereignisse von Jänner bis Ende Juli 4 : Das Kriegsjahr 1916 1 [Textbd.] (4 : Das Kriegsjahr 1916 ; 1 ; [Textbd.] ;)

Der Angriff auf befestigte Stellungen 
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Tage —, und wo die als nötig erachteten Mengen an Artillerie und 
Schießbedarf, wie fast immer bei den deutschen Truppen, auch tatsäch¬ 
lich sur Verfügung standen, ließ der Erfolg nicht auf sich warten. Wäh¬ 
rend das Feuer der Artillerie manche Bresche in die feindlichen Ver¬ 
teidigungsanlagen riß und die Widerstandskraft ihrer Besatzung zer¬ 
mürbte, arbeitete sich die Infanterie aus den seichten Gräben, die sie 
in den vorangegangenen Nächten mit dem Spaten vorgetrieben hatte, 
ganz nahe an den Feind heran. Zur bestimmten Minute verlegte die 
Artillerie ihr Feuer hinter die Kampflinie des Feindes und dann drangen 
die Sturmwellen durch die zerschossenen Hindernisse in die Gräben des 
Verteidigers ein. War dieser schon genügend erschüttert, so gab es bald 
Scharen von Gefangenen. Zuweilen flackerte da oder dort das blutige 
Handgemenge auf und erst sein Ausgang schuf die Möglichkeit, den 
Angriff weiter vorwärts zu tragen. 
Obgleich diese Art, befestigte Stellungen anzugreifen, im Wesen 
schon den Vorkriegsvorschriften nicht fremd gewesen war, wurde sie 
tatsächlich doch als etwas neues empfunden und setzte sich an den ver¬ 
schiedenen Teilen der Front nur allmählich und nur in dem Maße durch, 
als größere Verbände in den Siegeszug auf Brest-Litowsk mitgerissen 
wurden. Auch dann noch keineswegs gleichmäßig. Nicht leicht ließ sich 
die festgewurzelte Friedensvorstellung von der entscheidenden Gewalt 
des freien Angriffs im offenen Felde durch die Erkenntnis verdrängen, 
daß man es eigentlich immer mit mehr oder weniger befestigten Stellun¬ 
gen zu tun hatte. Noch gar oft überwog der „gute Glaube, daß Schnellig¬ 
keit den Erfolg erleichtere, daß man hasardieren müsse, um den Feind 
noch unvorbereitet zu treffen, oder günstige Gelegenheiten nicht zu ver¬ 
säumen"1). Aber man traf ihn in Wahrheit kaum jemals mehr unvor¬ 
bereitet. Nur ein gründlichst vorbereiteter Angriff hatte noch Aussicht 
auf Gelingen. 
Oft aber fehlte es an der hiezu unentbehrlichen Stoßkraft; daß Infan¬ 
teriedivisionen mit 5000 bis 7000 Feuergewehren auf Abschnitten von 
20 bis 30 Kilometer Breite anzugreifen hatten, war keine Seltenheit. 
Noch weniger konnte das neue Angriffsverfahren auf die Mitwirkung 
einer dem Feinde überlegenen Artillerie mit zahlreichen Steilfeuerge¬ 
schützen und mit viel Munition verzichten. Aber gerade darin wurde es, 
wie schon ausgeführt (S. 97) nur langsam etwas besser. So manche Divi¬ 
sion machte den ganzen Vormarsch im Sommer 1915 mit 40, ja selbst 
*) Schön, Die deutschböhmische 29. Infanterietruppendivision am Stochod 
(Reichenberg 1926), 11.
	        
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