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Die Sommerschlachten gegen Italien
Gebirgstruppen stand der Armeegruppe Rohr eine etwa gleichstarke
Kraft von 43 Bataillonen und 47 Batterien gegenüber1).
In den bisherigen Kämpfen war es der Armeegruppe Rohr wohl
gelungen, den Feind am Kärntner Grenzkamm aufzuhalten; die beherr¬
schende Kammlinie vom Wolayer Kopf bis zum Findenigkofel befand sich
jedoch mit Ausnahme der höchsten Kuppe des Kl. Pal noch immer in
Feindeshand. Die sich an den Nordhängen anklammernden öst.-ung.
Truppen waren daher anhaltend verlustbringender Flankierung durch
die italienischen Promosbatterien ausgesetzt, die Räume hinter den Stel¬
lungen und die Zugangswege eingesehen. Ähnlich ungünstig war die
eigene Lage südlich von Malborgeth, wo die feindliche Artillerie, dank
dem vom Mittagskofel und vom Mt. Piper gebotenen Einblick in das
Kanaltal, bis Tarvis zu wirken vermochte. Besonders nachteilig erwies
sich der Verlust des Krn-Vrata-Vrsicrückens, von wo der Feind nicht
nur die Becken von Flitsch und Tolmein und deren Zugänge, sondern
auch die tiefergelegenen Stellungen und Nachschubswege einsehen konnte
und damit den Flügel und Anschlußraum zur 5. Armee dauernd bedrohte.
Unter diesen Umständen war ein nachhaltiges und verläßliches Hal¬
ten der Kärntner Front nur dann mit einem Mindestmaß an Kräften
möglich, wenn die Verteidigung auf den sie begünstigenden Hängen und
Gebirgsrücken lag. Diese Forderung hatte daher Unternehmungen zur
Verbesserung der ungünstig gelegenen Frontteile nötig gemacht. Doch
der Mangel an ausreichenden, mit der Kriegführung im Hochgebirge
vertrauten Infanteriekräften und einer für diese schwierigen Angriffe
entsprechenden Artillerie standen ihr entgegen. So ging GdK. Rohr auf
ein am 9. Juli vom benachbarten XV. Korps der Isonzoarmee gestelltes
Ansuchen um Mitwirkung bei der Vertreibung der Italiener vom Krn-
Vrata-Vrsicrücken nicht ein. Vollends mußten aber alle Angriffspläne
zurückgestellt werden, als die Armeegruppe Rohr während der zweiten
Isonzoschlacht noch aus eigenem Antrieb drei Bataillone und fünf Bat¬
terien, die vom VII. Korps zurückgeblieben waren, an die Armee Bo-
roevic abgab, und als von Mitte August an, wie noch zu schildern sein
wird, auch der Ostflügel Rohrs heftig angegriffen wurde.
Da Stellungsverbesserungen durch Kampf aus vorstehend geschil¬
derten Gründen unmöglich waren, mußte sich das Armeegruppenkmdo.
Rohr den technischen Ausbau der Verteidigungslinien angelegen sein
lassen. Hindernd standen dabei der schwer zu bearbeitende Felsboden,
der Mangel an Werkzeug, der häufige Truppenwechsel und die unzweifel-
1) Ital. Gstb. W., II, Text, 376 f.