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Der Karpathenwinter 1914/15
südlich von Tomaszów. Stark besetzte russische Stellungen geboten einem
weiteren Vordringen Halt. Das IV. Korps rückte inzwischen über den
Czarnaabschnitt oberhalb von Przylçk vor, geriet aber dann in das Feuer
eingegrabener russischer Schützen und wurde am Abende vom Feinde
auf das Westufer zurückgedrängt. Auch beim XII. Korps, das an der
Straße von Przedbórz gegen die Czarna und südlich davon vorging, kam
es zu Gefechten. Czermno wurde von der 16. ID. in der Nacht erstürmt,
die 35. ID. blieb aber vor dem stark besetzten Dorfe Pilczyca liegen.
Südlich von der 2. Armee waren die deutschen Divisionen des GO.
Woyrsch an diesem Tage nach Kämpfen mit feindlichen Nachhuten bis
Malogoszcz-Kajetanów gelangt und sahen sich sodann einer starken russi¬
schen Stellung an der tososina gegenüber.
Damit war die Verfolgung der Armeeabteilung am 18. abends zum
Stehen gekommen. Woyrsch erkannte sogleich, daß sich der Feind wieder
gestellt hatte und schrieb seinem Südflügel vor, sich vor den russischen
Stellungen hinter der tososina zur Abwehr einzurichten1).
Bei der Armee Mackensen war die 1. GRD. am 17. und 18. nörd¬
lich von der Pilica bis über Tomaszów nach Osten, ihr Südflügel bis
an die Rawka vorgedrungen. Die Russen hatten die Bzura bei towicz
aufgegeben, hielten sich aber weiter unterhalb. Nachrichten über die
Hartnäckigkeit des feindlichen Widerstandes ließen vermuten, daß die
Russen entschlossen waren, um diesen Abschnitt zu kämpfen. Damit schien
die Hoffnung zu schwinden, den Feind durch Umfassung von Norden her
entscheidend zu schlagen.
Auch in Teschen tauchten Zweifel auf, ob der Russe seinen Rückzug
bis hinter die mittlere Weichsel fortsetzen werde. Nach Conrads An¬
schauung lag die Entscheidung mehr als je an den Flügeln. Seiner Be¬
mühungen um die Verstärkung des südlichen Heeresflügels wurde bereits
gedacht; er glaubte fest an die Möglichkeit, den Bewegungskrieg im Osten
bis zum durchschlagenden Erfolge aufrechtzuerhalten, wenn die Deutschen
in Frankreich in der Abwehr verharrten und namhafte Verstärkungen
gegen Rußland warfen. Ihm schwebte das Ziel einer im größten Stile auszu¬
führenden doppelten Umfassung der russischen Massen vor, die in riesiger
Breitenausdehnung noch im Weichselbogen und in Westgalizien hielten2).
Zunächst schrieb die k. u. k. Heeresleitung am 18. der Armeeabtei¬
lung Woyrsch vor, im Anschlüsse an den längs der Pilica vorstoßenden
Südflügel Mackensens die Front Odrzywól—Konsk—Cminsk zu gewinnen,
*) Reichsarchiv, VI, 311 f.
2) C o n r a d, V, 808 f.