Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

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Der Karpathenwinter 1914/15 
Lügen gestraft worden. Die Karpathen — und zwar nicht nur der 
offenere westliche Teil, sondern auch das gegen die Bukowina hin¬ 
streichende Waldgebirge — waren für lange Wochen zum großen Schlacht¬ 
felde geworden, auf dem sich das Geschick ganzer Heere erfüllen sollte. 
Und dies hatte sich in der härtesten Zeit des Jahres begeben, während 
der Winter Berg und Tal in seine Fesseln geschlagen hatte, um heute 
ganze Schützenketten im wahrsten und schrecklichsten Sinne des Wortes 
in Eis und Schnee erstarren zu lassen und morgen durch Regen oder 
Tauwetter weite Strecken des Vielfach aller Hilfsmittel baren Landes 
in Sumpf und Morast zu tauchen. Gelände und Wetterunbill waren in 
diesen Monaten für die Kämpfer, die auf den Waldhöhen und in 
den einsamen, gottverlassenen Tälern ihr Letztes gaben, nicht selten ge¬ 
fährlichere Feinde als die, mit denen man sich Aug in Aug messen 
konnte. Dies galt für beide Parteien in gleicherweise. 
Gen. Iwanow, der Führer der russischen Südwestfront, hatte wohl 
seit je die Meinung vertreten, daß von den beiden mitteleuropäischen 
Kaisermächten zuerst Österreich-Ungarn niederzuringen sei. Aber er 
hatte dabei bis über die Jahreswende hinaus viel eher an einen Sieges- 
zug über Krakau nach Mähren, denn an einen Angriff über die Kar¬ 
pathen gegen Budapest gedacht. Wie sehr dieses Gebirge den Russen 
Scheu einflößte, bewies noch manche Maßnahme des Spätherbstes 1914. 
Der erste Entschluß, den Schrecknissen des Karpathen winter s zu trotzen, 
um Großes, vielleicht Größtes zu erkämpfen, war zweifellos vom öst.- 
ung. Generalstabschef ausgegangen, der um Neujahr den Plan, entworfen 
hatte, dem Feinde über die Karpathen hinweg die linke Flanke abzu¬ 
gewinnen, und damit nur einen neuen Beweis seines großen unerschütter¬ 
lichen Wollens gab, dem allerdings sogar der kraftbewußte Verbündete 
nur schweren Herzens Gefolgschaft zu leisten vermochte. 
Die große Gefährdung, die den Russen aus den Plänen Conrads 
erwachsen war, hatte dann auch sie veranlaßt, den Tücken des winter¬ 
lichen Gebirges nicht länger aus dem Wege zu gehen. Aus der aktiven 
Abwehr öst.-ung. und deutscher Angriffe wurde allmählich die große 
russische Offensive gegen Budapest, zu der nach dem Falle von Przemysl 
— immer noch widerwillig — auch der Großfürst-Generalissimus seine 
Zustimmung gab. 
Gewaltige Heeresmassen wurden solcherart in vier schweren Kriegs¬ 
monaten durch die Karpathen von Norden und Süden her aufgesogen. 
Um die Jahreswende waren auf öst.-ung. Seite zwischen der Bukowina 
und Gorlice rund 18 Infanterie- und 6 Kavalleriedivisionen gestanden. Sie
	        
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