Volltext: Das Antlitz des Weltkrieges

Ernst Jünger ~ Das Antlitz des Weltkrieges 
hätte, benutzt sei fie aber bisher nicht, da im Vormarsch keine Gelegenheit dazu 
gewesen sei. Ich fand dann auch eine photographische Flugzeugkammer und einen 
dazugehörigen Photographen zum Entwickeln der Platten. Erst übte ich etwas 
aus der Erde, und dann ging es in die Lust. Ich nahm so viel Kassetten mit als 
vorhanden waren — ich glaube, es waren 24 — und beschloß, wenn ich einmal 
beim Photographieren wäre, mich nicht auf meine Kompanie und die Gegend der 
gesuchten Batterie zu beschränken, sondern so viel aus dem ganzen Korpsabschnitt 
aufzunehmen wie ich könnte. 
Wir flogen etwa eintausendachthundert Meter hoch. Das Wetter war schön klar, 
die Velichtungszeit zufällig — Erfahrungen hatte ich ja noch nicht — richtig. Da 
ich mir fest vorgenommen hatte, mich um Schüsse der Vallonabwehrkanonen 
in keiner Weise zu kümmern und mich durch fie auch nicht in Unruhe bringen zu 
lassen, und da das letztere meinem Flugzeugführer und mir glückte, so klappte die 
Sache. Ich brachte die vorderen Gräben des ganzen Korps und das feindliche 
Hintergelände der Gegend meiner Batterie mit nach Hause. Schön waren die 
Aufnahmen ja gerade nicht, aber doch noch gerade brauchbar. Dann ging es nach 
vorn mit den Bildern. Hier bedeuteten fie geradezu eine Sensation. Sah man 
doch jetzt zum erstenmal, was man überhaupt an Stellungen vor sich hatte. Der 
Vrigadekommandant Graf Goltz (der spätere Valtikumer) gab mich sogar, aller¬ 
dings ohne Erfolg, zum E. K. I ein. 
Ich fuhr nun zuerst zu „meiner" Kompanie und zeichnete mit dem Kompanie¬ 
führer gemeinsam in die Photographie den Abschnitt ein, dann setzte ich mich mit 
ihm im Unterstand — soweit eine mit Erde beworfene Bretterbude diesen Namen 
verdiente — hin und wir versuchten gemeinsam seine Kompaniestellung in die 
Karte zu übertragen. Mit Hilfe der Fliegerbilder und seiner Geländekenntnisse 
glückte das auch einigermaßen. Darauf zog ich mit meinen Bildern den Abschnitt 
nach Norden entlang von Kompanie zu Kompanie, erklärte die Bilder, ließ Abzüge 
dort, legte die Stellung in die Karte fest und fragte überall, woher fie Artillerie¬ 
feuer bekamen. So fand ich auch noch andere, die aus der rechten Flanke belästigt 
wurden. Von allen ließ ich mir die ungefähre Richtung, aus der die Flanken¬ 
schüsse kommen sollten, sagen. Aber leider ließ sich aus diesen Angaben kein 
sicheres Bild gewinnen, fie gingen zu sehr auseinander. Auf jeden Fall brachte ich 
aber an diesem Abend eine ganz nette, annähernd richtige Stellungskarte der 
rechten Flügelbatterie mit nach Hause. Die anderen Beobachter wurden mit den 
Bildern in die anderen Abschnitte und Gräben geschickt und arbeiteten dort 
ebenso, dann wurde eine Karte des Korps schön ins Reine gezeichnet und dem 
Generalkommando übersandt. Am die Karte zu vervielfältigen, holten wir uns 
beim Ortsphotographen einen großen photographischen Apparat, photographierten 
die Karte in natürlicher Größe und gaben dann Abzüge an alle Stäbe und 
Truppen, die fie brauchen konnten.
	        
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