Volltext: Urkundenforschung

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VI. Die Kanzlei und die Urkundenherstellung 
außerhalb der Kanzlei. 
1. 
Kanzlei im Sinne der Urkundenforschung ist eine ge 
ordnete Beurkundungsstelle, d. h. eine Stelle, die die 
Rechtstätigkeit eines bestimmten Macht- oder Lebens 
kreises oder auch einer Einzelpersönlichkeit in urkundliche 
Formen bringt oder kurz gesagt eine Stelle, die die Schreib 
geschäfte und damit die Herstellung der Urkunden eines 
solchen Kreises bzw. einer solchen Persönlichkeit besorgt. 
Das Vorhandensein einer solchen geordneten Beurkun 
dungsstelle, also einer Kanzlei, können wir annehmen, wenn 
die Urkunden eines Urhebers oder Ausstellers bestimmte 
einheitliche Formen zeigen und insbesondere dann, wenn 
mit Hilfe von Schrift- und Diktatvergleich nachgewiesen 
werden kann, daß bestimmte Schreiber und Diktatoren an der 
Herstellung einer größeren Anzahl von Urkunden desselben 
Ausstellers beteiligt waren und daher längere Zeit den Dienst 
an der betreffenden Beurkundungsstelle versehen haben. 
Die Untersuchung der verschiedenen Merkmale der Ur 
kunden zeigt uns demnach erstens die Formen der Urkunden 
und damit die Gewohnheiten einer bestimmten Kanzlei 
bzw. einer bestimmten Beurkundungsstelle innerhalb einer 
bestimmten Zeit. In Kanzleien, die schon besser organisiert 
und in ihrer Entwicklung weiter fortgeschritten sind, ent 
stehen dann mitunter oft bis ins einzelne gehende Vor 
schriften, Kanzleiordnungen, Kanzleiregeln u. dgl., die uns 
über den Gang der Beurkundung und der gesamten Ge 
schäftsführung unterrichten und damit unsere, zunächst 
aus den Urkunden selbst gewonnenen Kenntnisse der Kanz 
leigewohnheiten ergänzen und erweitern 26 ). 
Gerade im großen Zusammenhang der Kanzleiforschung 
und der Kanzleigeschichte werden wir auch die Ent 
stehungsgeschichte der Urkunde zu klären und damit 
wieder wichtige Echtheitskriterien zu schaffen vermögen. 
26 ) Siehe auch oben S. 26.
	        
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