Volltext: Das Salzfass 1932 (1932)

16 
Lines der prächtigsten Dorfkirchengräber finden wir in Niederaschau bei 
Prien, Stundenweit kommen da die Leute zur feierlichen Auferstehung, wo es so 
dramatisch in der Airche hergeht. Das A97—99 geschaffene Werk ist es wirklich 
wert, näher behandelt zu werden. Das sonst so lichtdurchflutete Presbyterium ist 
von den aufsteigenden Wänden und Säulengalerien des Grabes ganz ausgefüllt. 
Drei große Stockwerke können wir am Ban unterscheiden: Zu unterst in dunklem 
Ton gehalten der Bereich der Borhölle, der „Urlaub Christi", der Aufenthalt 
seiner Seel^ während der Grabesruhe des Leibes, als Gelgemälde vom Flintsbacher 
S. Regenauer A99 um W fl gemalt, noch in Rokoko gehalten. Rechts und links 
Vorhangtüren, die zum verdeckten Hochaltar führen. Als Flügelmänner dieser 
untersten Abteilung die überlebensgroßen Prophetenfiguren des Ssaias und Jere 
mias. Sm 2. Stockwerk, das schon weiter nach hinten reicht, das eigentliche Grab 
des Herrn. Auf einem Leintuch ruht sein Leib, vor ihm 5 kraftvoll rote Äugeln, 
die an die 5 Wunden erinnern sollen, ^uer über die Grabnische zwei gekreuzte 
Aetten, von einem Sigel zusammengehalten. Beiderseitlich eine Säulengalerie mit 
sinnbildlichen Figuren, hoch oben nun wohl so Meter über dem Boden des 
Schiffes das Allerheiligste, von Engeln und alttestamentlichen Gestalten gehütet. 
Um die lichtspendende Araft des Sakramentes zu betonen, ist hinter der Monstranz 
ein Strahlenkranz mit 325 Glaskristallsteinen gespannt, die hell funkeln und 
spielen. Ueber die ganze Architektur verstreut Äugeln vom schweigsamsten 
Dunkelblau bis zum jubelndsten Goldgelb, dazu noch 500 Glühlampen. Wie mag 
dieser Farbenzauber erst gewirkt haben, als diese Gellichter noch lebendig waren, 
gespeist vom Schmalz, das die Bäuerinnen geopfert hatten, als ein Lufthauch die 
flackernden Lichtlein wie geschwätzige Geisterlein zusammenneigte und wieder aus 
einander trieb! Aus praktischen Gründen hat das Elektrische die Gellampen ver 
drängt, aber es hätte deswegen bald eine kleine Dorfrevolution in Aschau gege 
ben. Das andere Schaustück sind die zwei Wächter, echte, lebendige Chiemgauer 
Burschen. Sn römische Soldatentracht gekleidet, mit helin und Lanze bewehrt, 
neigen sie alle paar Minuten ihre Waffen zusammen oder rollen ihre kriegerischen 
Augen, damit ja kein Zweifel an ihrer Lebendigkeit entsteht. Bei der Auferstehung 
— die Airche ist gepackt voll — kommt das große Ereignis: Beim dritten „Chri 
stus ist erstanden", das der Pfarrer singt, ein Anall, Aetten rasseln, Feuer blitzt 
; aus dem Grab, die Wächter stürzen wie betäubt zu Boden und — haben wir 
uns vom Staunen des Augenblicks erholt — sehen wir die Grabnische leer, ein 
Engel sitzt vor dem verlassenen Totenlinnen und hoch oben, wo die Monstranz 
stand, glänzt der Auferstandene mit der Gsterfahne. Das ist altbayerische Fröh 
lichkeit am hl. Grab. 
Snteresse darf sicherlich auch das Grab in der Lause 11 er Stiftskirche bean 
spruchen. Von dem aus der gotischen Zeit wurde schon oben gesprochen. ^62t 
werden größere Arbeiten am Grab verrichtet. Maler und Schreiner erhalten je 
8 fl. Es dürfte aber zweifelhaft sein, ob es sich da noch um das gotische Grab 
handelt. Auf jeden Fall wurde ^638 ein neues Grab angeschafft aus den Werk 
stätten des Salzburger Hoftischlers Hans Eberlin und des Malers Christof Mil 
ler. Wolf Schinagl lieferte um 8 fl 55 kr. Leinwand dazu. Das Untergestell 
kostete W fl, die Fracht von Salzburg her 5 fl. Nachdem gleichzeitig von den 
beiden Meistern auch der Tabernakel gefertigt wurde und die Rechnung nicht aus 
scheidet, lassen sich die Aosten für das Grab allein nicht angeben. Zusammen 
^ betrugen sie bei Tischler und Maler 575 fl. ^675 sind schon Farben zu den bun-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.