Volltext: Eine Tiroler Schützen-Kompagnie im wälschen Gränzkriege des Jahres 1848

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kein Prophet zu sein, um beiden den Sieg über kurz oder lang zu 
versprechen. Ja alles Sträuben und Stemmen dagegen, unter was 
immer für Formen wird an diesen Klippen zerschellen. Der Strom 
des Volksgeistes wird alles künstliche Staatsformelwerk wie schwaches 
Reisig mit sich fortreißen. Nur Eines erübriget: Diesen Strom so 
viel möglich in gemäßigte Ufer zu lenken, daß er nicht dammlos in 
allgemeine Versumpfung auseinanderfließe. Die bisher die Schicksale 
der Volker in Händen hatten, mochten sie nur diese offenkundigen Ver 
hältnisse nicht fürder mehr verkennen und dem Volke selbst die Hand 
reichen zur Begründung jener Staatsform, die einzig seiner würdig 
ist! Es widerspricht der innersten Natur des mündigen, des vernünftigen 
Mannes, daß er bloß Leitschaf sei, sich nicht selbst bestimmen könne. 
Wie jede Regel, möchte also wohl auch Ausnahmen finden Jakobi's 
berühmter Spruch: „Der Könige größtes Unglück ist, daß sie die 
Wahrheit nicht hören wollen." Ich glaube, eine solche Ausnahme, 
gemacht durch freie That, würde die Geschichte mit goldenen Buch 
staben ihren Blättern eintragen. Gottes Segen müßte dann auf solchem 
Werke ruhen, weil nicht durch Gewalt, sondern auf dem Wege der 
Eintracht errungen. 
Sechstes Kapitel. 
Erneuerung der Feindseligkeiten. — 29. Mai. — Handstreich der Stubaier auf 
dem Berge rechts. — Folgen dieses Handstreiches. 
Am 26. Mai begann wieder der alte Tanz. Schuß auf Schuß 
knallte vom rechten Berge gegen die Vorposten an der Brücke und gegen 
Tezze. Manchmal war der Knall sehr stark, ohne Zweifel aus den 
großen Trombons, welche ihre Kugeln weithin durch die Felder und 
Weinpflanzungen streuten. Da ereignete sich ein drolliger Vor 
fall. Der Schütze Michael Silier, die wälsche Schießerei wenig 
achtend, ging zur Brenta hinaus, um sich einmal den alten Schweiß 
abzuwaschen. Er fand eine Stelle, wo ihn sonst Niemand sah, als 
nur — die Feinde. Schon war er in's lang ersehnte Bad gestiegen, 
schon hatte er sich seine zwei Hemden gewaschen und in die Sonne 
gelegt, als auf einmal — wie er so ganz harmlos in seinem Bade 
saß — rechts und links von ihm pitsch! patsch! Kartätschenkugeln in's 
Wasser einschlugen. Das trieb ihn endlich heraus. Ganz unmittelbar 
auf die Haut wollte er sich's doch nicht gehen lassen. Die Hemden
	        
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