Volltext: Schärding [5]

liche Beschreibung der Burg Schär 
ding erhalten ist, die ein ausführliches Kommentar 
zu der Schilderung, die der gelehrte Abt von Vorn- 
bach, Angelus Rumpler, anno 1504 von dem 
Schloß Schärding gab^), darstellt. 
Im Spätwinter des Jahres 1659 2 3 ), es dürfte Ende 
Jänner oder Feber gewesen sein, da besuchte der 
äußerst kunstsinnige Schärdinger Landrichter Johann 
Achilleus Jl su ng, der von 1639 bis 1670 in Schär 
ding amtierte, auf allerhöchsten Auftrag das Schloß 
Schärding, um eine möglichst ausführliche Beschrei 
bung desselben zu verfassen. Er verzweifelte ange 
sichts des weitläufigen Bauwerks fast daran, eine 
brauchbare Beschreibung liefern zu können, denn 
„das Innere Schloß mit seinem ganzen Begriff und 
Gezirk sei so gar eigentlich ausführlich nicht zu be 
schreiben als es vielmehr mit Augen zu sehen oder 
durch einen Maler zu entwerfen wäre^)" 
Johann A ch i l l e u s I l su n g s B e s ch r e i - 
bung führt uns von der Stadt her ins 
Schloß: Da heißt es (A. M, I. V. 93/39 fol. 
213 ff) „Am heraußeren Schloßtor (heutiges Stadt 
museum), auf dem Kastenhalls genannt, wohnt 
herunten auf der Erd der Torwart in einem kleinen 
Stübel. Gleich gegenüber auf der linken Seite ist 
eine Tür in den äußeren Schloßzwinger. Oben über eine 
2 ) Der auf das Schloß bezügliche Teil der in lateinischer 
Sprache verfaßten Beschreibung Rumplers lautet in Lamprechts 
deutscher Uebertragung: „Das Schloß liegt auf einem Felsen, 
frei anzusehn vom Bodengrunde sowie von der Brücke. Will 
man in selbes hineinkommen, so muß man über 2 Brücken, 
die über 2 tiefe Gräben gelegt sind, schreiten; an Wällen, 
Türmen, Bollwerken steht es keinem nach. Einige Festungs 
werke ließ Herzog Georg ('1479 — 1503) und zwar an der 
Südseite, weil das Schloß ihm dort zu schwach befestiget 
schien, aufführen und man sagt, daß es einen geheimen Aus 
gang habe. In der Mitte des Schlosses steht ein viereckiger 
Turm von außerordentlicher Höhe, in welchem entweder Ver 
brecher eingeschlossen oder Waffen aufbewahrt wurden. Dieser 
Turm soll eine Wendeltreppe und ein Schilddach haben und 
soll so tief in die Erde gebaut sein, als er hoch in die Lüfte 
emporrage (?); übrigens steht er ganz frei. Cs ist noch ein 
anderer Turm vorhanden, den Herzog Heinrich (1393-1450) 
mit Geschützen über den Haufen geworfen hat (1436)." Aus 
Angelus Rumpler: „De calamitate Bavariae" apud Oefele, 
Tom. 1.1. libr. II. partis initio pag. 103. Lamprecht a. a. o. 
S. 121/22. 
3 ) Die folgende Beschreibung verarbeitet den Inhalt der Akten: 
Hauptstaatsarchiv (Abt. Kreisarchiv) München, (im folgenden 
zitiert A. M.) I. V. 93/39 „Bau- und Reparationssachen 
des Schlosses in der Kurbaiern ungehörigen Stadt Schärding 
unter dem Fürsten von Freising Albrecht Sigmund", sowie 
Staatsarchiv Landshut (A. L.) Rep. 53 Fase. 198 Nr. 198 
„Rechnung über die Bauunkosten des Schloß zu Schärding 
und was sonsten über Einführung des Brunnens und Er- 
kaufung vor das ergangen ist 1659 et 1660". Der Inhalt 
dieser Akten wird, soweit unter Anführungszeichen gesetzt, 
wörtlich wiedergegeben, wohl aber ist der Text in Schreib 
weise, Jnterpunktation und Beifügung sinnverbeffernder Binde 
wörter lesbarer gestaltet. 
4) Schärdings großer Sohn, der bedeutende oberösterreichische 
Topograph Johann Cv. Lamprecht, hat in seiner im Schärdinger 
Stadtmuseum unter Nr. 444 verwahrten köstlichen Sammlung 
alter Stiche und eigenhändiger Zeichnungen, die den Titel: 
„Verschiedene Erinnerungen aus der Vergangenheit Schärdings, 
Oesterreichs und Altbayerns gesammelt von Joh. Lamprecht" 
trägt, den Anblick der Burg Schärding in 5 entzückend feinen 
Aquarellen zu rekonstruieren versucht, nämlich 1. Plan des 
einstigen Schlosses zu Schärding, 2. Schloß Schärding während 
des 16. Jahrhunderts (Abb. 111 |l), 3. Das ehem. innere Schloß 
zu Schärding (Abb. 11114), 4. Aeußerer Schloßhof mit der 
ehem. Schloßkapelle z. heil. Johannes (Abb. 111|3), 5. Ansicht 
des ehem. Schlosses Schärding von der Südseite (Abb.Ilh5). 
Leider nannte Lamprecht weder die graphischen noch archivalischen 
Unterlagen seiner Rekonstruktionsversuche. Ein im A. L. 
Rep. 51 Fase. 30 Nr. 548 fol. 116 enthaltener „Situations 
plan des Psiegschloßgebäudes in der Stadt Schärding" aus 
dem Jahre 1794, gezeichnet von dem Schärdinger Baumeister 
Bernhard Aichinger (Abb. 111|9), gestattet aber die Feststellung, 
daß Lamprechts Grundrißkonstruktion Nr. 1 fast völlig historisch 
getreu ist, daß somit auch Nr. 2 (Abb.Ilh2), das den Grundriß 
in die Aufsicht übersetzt, cum grano salis der vermutlichen 
Wirklichkeit entsprechen dürfte, zumal hier eine weitgehende 
Uebereinstimmung mit alten Stichen und Gemälden Schärdings 
von Westen feststellbar ist (z. B. Abb. 11h 12), so daß Differenzen 
nur in unwichtigem Einzelwerk bestehen können. Bei Nr. 3 
(Abb. 11114) ist wohl auch die Disposition der Gebäude 
gruppierung, mit Ausnahme der mangelnden Heraushebung 
der im Situationsplan von 1794 (Abb. 11119) deutlich ange 
zeigten Vor- und Rücksprünge des Wohngebäudes, richtig; 
im Aufriß aber dürfte sich Lamprecht, soweit ihm nicht das 
bekannte Mitticher Votivbild aus 1491 (Abb. 111|6) als 
Vorlage diente, etwas von einer zu romantisch angehauchten 
Phantasie haben leiten lassen, insbesondere bei der Rekon 
struktion des Pallas. Nr. 4 (Abb. 11113) dürfte ziemlich genau 
dem Tatbestand entsprechen, zumal dieser Teil des Schlosses 
zu einem großen Teil heute noch erhalten ist. Nr. 5 (Abb. 1I1|5) 
ist ein Nekonstruktionsversuch aus Nr. 2\ verschiedene Inkon 
sequenzen Lamprechts bei der Darstellung ein- und derselben 
Baulichkeit in Nr. 2 und Nr. 5 zeigen deutlich, daß es sich 
bei den Aufrißen Nr. 2, 3 und 5 um Rekonstruktionsversuche 
handelt, bei denen die Phantasie Lamprechts als historisch 
geschulter Zeichner und Künstler mithelfen mußte. Es steht 
aber fest, daß Lamprecht alte Pläne, vielleicht auch Abb. 111|9 
kannte, gründlichst alle ihm zugänglichen Archivalien und alten 
Ansichten studierte und so auch in den Rekonstruktionen der 
Aufrisse der Burgbaulichkeiten der nicht mehr bestehenden 
Wirklichkeit äußerst nahe kam, auf alle Fälle aber den historisch 
begründeten Stimmungsgehalt und Gesamtcharakter des ver 
lorenen Denkmals stets voll erfaßte.
	        
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