Volltext: Vom Attentat in Sarajevo bis zum Eintreffen der serbischen Antwortnote in Berlin (1 / 1919)

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Nr. 29 
Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt1 
Telegramm 85 Wien, den 10. Juli 19141 2 
Ganz geheim! 
Über seinen gestrigen Vortrag bei Sr. M. dem 
Kaiser Franz Joseph in Ischl teilt mir Graf Berchtold 
nachstehendes mit: 
S. M. der Kaiser habe mit großer Ruhe die Sach¬ 
lage besprochen. Zunächst habe er seinem lebhaften 
Dank Ausdruck gegeben für die Stellungnahme 
unseres Aller gnädigsten Herrn und der kaiserlichen 
Regierung und geäußert, er sei ganz unserer An- 
da S.M.proMemo- sicht, daß man jetzt zu einem Entschluß kommen 
riii etwa 14 Tage müsse> um den unleidlichen Zuständen Serbien gegen- 
alt ist, so dauert ^ber ein Ende zu machen. Über die Tragweite 
asseir ang. ejnes solchen Entschlusses, fügte Graf Berchtold 
lieh zur Begrün- hlnzu- sei slch S' M‘ voll]g Mar' 
düng des Entschluss Der Minister hat hierauf dem Kaiser Kenntnis 
ses selbst ent- gegeben von den zwei Modalitäten, die in bezug 
worfenl auf das nächste Vorgehen gegen Serbien hier in 
Frage stünden. S. M. hätten gemeint, es ließe sich 
vielleicht dieser Gegensatz überbrücken. Im ganzen 
hätten aber S. M. eher der Ansicht zugeneigt, daß 
aber sehr! konkrete Forderungen an Serbien zü stellen sein 
und unzweideutig! würcierL Er, der Minister, wolle auch die Vorteile 
eines solchen Vorgehens nicht verkennen. Es würde 
damit das Odium einer Überrumpelung Serbiens, 
das auf die Monarchie fallen würde, vermieden und 
Serbien ins Unrecht gesetzt werden. Auch würde 
dieses Vorgehen sowohl Rumänien als auch England 
eine wenigstens neutrale Haltung wesentlich erleich¬ 
tern. Die Formulierung geeigneter Forderungen gegen- 
da^u haben sie Zeit über Serbien bildet gegenwärtig hier die Hauptsorge3 *, 
genug gehabt und Graf Berchtold sagte, er würde gern wissen, 
1 Nach der Entzifferung. 
2 AufgegebeninWien83ünachm.,angekommenimAuswärtigenAmt io32nachm.; 
Eingangsvermerk des Amts: n. Juli vorm. Am u.Juli 1236 nachm. von 
Jagow nach Vornahme einiger Änderungen und mit Auslassung der 
Worte: Graf Berchtold »sagte, er würde gern wissen denke« 
und des vorletzten Absatzes »Der Anregung alarmieren«, 
telegraphisch ins Kaiserliche Hoflager mitgeteilt, dortselbst eingetroffen 
io° nachm., Entzifferung vom Kaiser am 12. Juli zurückgegeben, im Aus¬ 
wärtigen Amt am 16. Juli. 
3 Die Worte Tschirschkys »bildet die Hauptsorge« von Jagow 
im Telegramm an den Kaiser in »wird erwogen« geändert; 
»erwogen« vom Kaiser unterstrichen, am Rand seine Bemerkung: »dazu 
haben gehabt.« 
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