Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band II (II. / 1937)

später Gen. Fayolle. Beide Armeen wurden, als eine Flankenbedrohung von Tirol 
nicht mehr zu befürchten war» an die Brenta vorgeführt. 
überdies erhielt der schwer bedrohte Apenninenstaat von Frankreich und England 
vom 21. November an 300.000 Gewehre, 2000 Mitrailleusen und 675 Geschütze ver¬ 
schiedenen Kalibers1. 
Als der Bewegungskrieg sich in die Fesseln der Dauerstellung verstrickte, griff 
eine Neugliederung der öst.-ung. Streitkräste an der Südwestsront Platz. Sie zer¬ 
fielen von dieser Zeit an in zwei Heeresgruppen: FM. Frh. v. Conrad in Bozen 
und GO. v. Boroeviö in Udine. Erstere setzte sich zusammen aus der 10. Armee, 
FM. Frh. v. Krobatin, Trient, die Westtirol und den Raum beiderseits der Etsch 
deckte, und aus der 11. Armee, GO. Graf Scheuchenstuel, Levico, die in den Sieben 
Gemeinden stand. Der Heeresgruppe Boroeviö gehörte die 6. Armee, GO. Erzherzog 
Joseph, im Raume von Bittorio und die am unteren Piave stehende, aus den 
beiden Fsonzoarmeen gebildete Armee unter GO. Frh. v. Wurm an. Das Kom¬ 
mando der Südwestfront wurde aufgelöst. 
Zweifellos ist der Durchbruch bei Tolmein und Flitsch eine der glänzendsten 
Wafsentaten des Weltkrieges. Der italienische Untersuchungsausschuß, der das 
Ergebnis in einem dreibändigen Werke veröffentlichte, urteilt über die Niederlage 
von Caporetto (Karfreit): 
„Die Offensive stellt sich, im Hinblick auf die geringe Zahl, als eine Tat äußerster Kühnheit 
dar. Die Genialität des Planes, die Energie und die Kühnheit, die neuen Methoden in Zeit, 
Raum und Kampfart sind anerkennenswert. Äußerste Ausnützung des unerwarteten Anfangs¬ 
erfolges und unermüdliche Verfolgung verhinderten jede Rückhaltstellung. Der Feind führte 
feine Hauptkräfte mit großem strategischem Verständnis bis an die äußerste Leistungsfähigkeit 
von Mann und Material." 
Unvergleichlich waren die Leistungen der Truppen. Ein weites, an Hilfsguellen 
reiches Gebiet fiel den Siegermächten zu. Die öst.-ung. Front war nahezu aus ein 
Drittel verkürzt. 
Unermeßlich war die Beute des Feldzuges. Die italienische Untersuchungs¬ 
kommission gibt nachstehende Verlustzahlen an: 10.000 Tote, 30.000 Verwundete, 
293.943 Gefangene, 400.000 Versprengte, 3152 Geschütze, 1732 Minenwerser, 
3000 Maschinengewehre und 300.000 Gewehre. überdies verlor die italienische 
Armee ungeheure Mengen an Munition und Heeresgerät aller Art. Die erbeuteten 
Verpflegsvorräte reichten auf Monate für die Siegertruppen aus. 
Weit überholt war das ursprünglich erstrebte Ziel. Aus drangvoller Not, nicht 
aus Bernichtungswillen war der Angriffsplan geboren. Daher blieb die Ausrüstung 
der Armeen weit hinter dem wirklichen stürmischen Ablause der Operation zurück. 
Gewaltig war der Eindruck in der ganzen Welt. Die Italiener sprachen von dem 
„Wunder von Caporetto", um ihr Erstaunen über die gänzlich unerwartete 
Katastrophe auszudrücken. Aus dem Werke des englischen Munitionsministers Lord 
Churchill2 erhellt die ernste Beurteilung der Lage von der Gegenseite: 
„Die ganze Größe der italienischen Nation erglänzte in dieser Stunde, die an die Tage 
von Cannae erinnerte. Jeder Defaitismus schmolz in der Flamme nationaler Entschlossenheit 
dahin. So ungeheuer die Verluste italienischerseits auch gewesen waren, die Kriegsleistungen 
Italiens waren nach Caporetto weit größer als in den früheren Abschnitten des Krieges. 
Rücksichtslose Bestrafung stellte die Disziplin der Armee wieder her. Kampflustige Reserven 
* Churchill, Die Weltkrisis 1916/18, II., 67. 
2 Churchill, Die Weltkrisis 1916/18, II., 67, 58. 
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