Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band II (II. / 1937)

Das ganze Unternehmen stand von allem Anbeginne unter einem Unstern. 
Erlitt schon aus früher erwähnten Ursachen der Angriffsbeginn eine dreistündige 
Verschiebung, so gab es auch entscheidende Mängel in der gesamten Vorbereitung 
des geplanten Handstreiches. Die Sturmtruppen waren mit dem Angriffsraume 
gänzlich unvertraut. Nur Hptm. Steinmetz und Oblt. i. d. R. Glaas fanden am 
14. Mai noch Gelegenheit zu einer flüchtigen Rekognoszierung. Drei noch vor dem 
Angriffe entsendete Aufklärungspatrouillen konnten keine Wunder wirken. Es 
rächt sich immer bitter, bei Unternehmungen im kleineren Rahmen eine Truppe 
einzusetzen, die eilends herangeholt wird, um im völlig unbekannten Raume 
einen Angriff durchzuführen, für dessen Gelingen grundsätzliche Voraussetzungen 
Vorbedingung sind. In finsterer Nacht kamen die Bataillone in die Ausgangsstellung, 
was nicht zu umgehen war, da ein Anmarsch im Tageslicht füglich unterbleiben 
mußte. Zudem verlangte der Charakter des Küstengeländes, vor allem aber das 
ausgesucht schwierige Angrifssobjekt an sich schon gebieterisch nach einer Truppe, 
die mit allen Verhältnissen hüben wie drüben völlig vertraut war. Angrisfsschneid, 
Opfermut und Heldentum allein — und daran fehlte es wahrlich nicht — vermögen 
in solchen Sonderlagen nicht Wunder zu zaubern. Wohl hatte die Artillerie um 
6 Uhr nachmittags mit dem Wirkungsfeuer eingesetzt. Bis zum tatsächlichen Angriffs¬ 
beginne verrannen noch acht Stunden. Maßgebend war nicht die beträchtliche Zeit¬ 
spanne, sondern das tatsächliche Ergebnis der artilleristischen Vorbereitung. Und 
dieses ließ alle Wünsche offen. Blieben schon die Drahtverhaue nahezu unversehrt, 
so war von einem Zerstörungswerk in den Objekten der Adriawerke wenig wahrzu¬ 
nehmen. Es gab dort mehrere befestigte Abschnitte mit gegenseitig flankierender 
Abwehr durch eingenistete Maschinengewehre. Sogar aus den Fenstern des Haupt¬ 
gebäudes schlug heftiges Maschinengewehrfeuer entgegen. Der Angriff durch ein 
Geschwader von Marineflugzeugen war avisiert, auf die vergeblich gewartet wurde. 
Man hörte reichlich spät das Rattern von Motoren, allein von einer entscheidenden 
Mitwirkung im Werksbereiche war nichts bemerkbar. Dem ganzen Unternehmen 
hafteten von allem Anbeginne untrügliche Merkmale des rasch Improvisierten an, 
und die Hauptbeteiligten standen unter diesem unverwischbaren Eindrucke. Bestand 
wohl schon lange der Plan einer Vorverlegung und nicht unwesentlichen Verkürzung 
des äußersten küstenländischen Slldslügels, so schien doch der Gedanke eines letzten 
Versuches zur Irreführung des Gegners knapp vor dem Schlage in Südtirol die 
Oberhand gewonnen und die Durchführung wesentlich beeinflußt zu haben. 
Mehr Glück war den bewährten Egerländern des LstIR. 6 und Teilen des 
k. k. LstIBaons. 152 befchieden, die unter Leitung des Kommandanten der 
111. LstIBrig., Obst. Göttlicher, am Spätnachmittage des 15. Mai gegen die 
italienischen Stellungen auf dem La-Rocca-Rücken nördlich von Monfalcone vor¬ 
brachen und den Feind aus seiner ersten Linie warfen. Der Plan, auch die zweite 
italienische Stellung zu nehmen, scheiterte an der Erschöpfung der zumeist älteren 
Jahrgängen angehörenden Truppen und an der durch Ausscheiden zahlreicher 
unbrauchbar gewordener Rohre geschwächten artilleristischen Kraft. 
Im Anschlüsse an die in der Nacht auf den 16. Mai im allgemeinen sehr wirksam 
durchgeführten Ablenkungsvorstöße an der Karstfront griffen bei Tagesanbruch 
starke Geschwader unserer Land- und Seeflieger die militärisch wichtigsten Aus¬ 
rüstungsstätten, Verkehrsknotenpunkte und feindlichen Führerstandorte in Venetien 
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