Das ganze Unternehmen stand von allem Anbeginne unter einem Unstern. Erlitt schon aus früher erwähnten Ursachen der Angriffsbeginn eine dreistündige Verschiebung, so gab es auch entscheidende Mängel in der gesamten Vorbereitung des geplanten Handstreiches. Die Sturmtruppen waren mit dem Angriffsraume gänzlich unvertraut. Nur Hptm. Steinmetz und Oblt. i. d. R. Glaas fanden am 14. Mai noch Gelegenheit zu einer flüchtigen Rekognoszierung. Drei noch vor dem Angriffe entsendete Aufklärungspatrouillen konnten keine Wunder wirken. Es rächt sich immer bitter, bei Unternehmungen im kleineren Rahmen eine Truppe einzusetzen, die eilends herangeholt wird, um im völlig unbekannten Raume einen Angriff durchzuführen, für dessen Gelingen grundsätzliche Voraussetzungen Vorbedingung sind. In finsterer Nacht kamen die Bataillone in die Ausgangsstellung, was nicht zu umgehen war, da ein Anmarsch im Tageslicht füglich unterbleiben mußte. Zudem verlangte der Charakter des Küstengeländes, vor allem aber das ausgesucht schwierige Angrifssobjekt an sich schon gebieterisch nach einer Truppe, die mit allen Verhältnissen hüben wie drüben völlig vertraut war. Angrisfsschneid, Opfermut und Heldentum allein — und daran fehlte es wahrlich nicht — vermögen in solchen Sonderlagen nicht Wunder zu zaubern. Wohl hatte die Artillerie um 6 Uhr nachmittags mit dem Wirkungsfeuer eingesetzt. Bis zum tatsächlichen Angriffs¬ beginne verrannen noch acht Stunden. Maßgebend war nicht die beträchtliche Zeit¬ spanne, sondern das tatsächliche Ergebnis der artilleristischen Vorbereitung. Und dieses ließ alle Wünsche offen. Blieben schon die Drahtverhaue nahezu unversehrt, so war von einem Zerstörungswerk in den Objekten der Adriawerke wenig wahrzu¬ nehmen. Es gab dort mehrere befestigte Abschnitte mit gegenseitig flankierender Abwehr durch eingenistete Maschinengewehre. Sogar aus den Fenstern des Haupt¬ gebäudes schlug heftiges Maschinengewehrfeuer entgegen. Der Angriff durch ein Geschwader von Marineflugzeugen war avisiert, auf die vergeblich gewartet wurde. Man hörte reichlich spät das Rattern von Motoren, allein von einer entscheidenden Mitwirkung im Werksbereiche war nichts bemerkbar. Dem ganzen Unternehmen hafteten von allem Anbeginne untrügliche Merkmale des rasch Improvisierten an, und die Hauptbeteiligten standen unter diesem unverwischbaren Eindrucke. Bestand wohl schon lange der Plan einer Vorverlegung und nicht unwesentlichen Verkürzung des äußersten küstenländischen Slldslügels, so schien doch der Gedanke eines letzten Versuches zur Irreführung des Gegners knapp vor dem Schlage in Südtirol die Oberhand gewonnen und die Durchführung wesentlich beeinflußt zu haben. Mehr Glück war den bewährten Egerländern des LstIR. 6 und Teilen des k. k. LstIBaons. 152 befchieden, die unter Leitung des Kommandanten der 111. LstIBrig., Obst. Göttlicher, am Spätnachmittage des 15. Mai gegen die italienischen Stellungen auf dem La-Rocca-Rücken nördlich von Monfalcone vor¬ brachen und den Feind aus seiner ersten Linie warfen. Der Plan, auch die zweite italienische Stellung zu nehmen, scheiterte an der Erschöpfung der zumeist älteren Jahrgängen angehörenden Truppen und an der durch Ausscheiden zahlreicher unbrauchbar gewordener Rohre geschwächten artilleristischen Kraft. Im Anschlüsse an die in der Nacht auf den 16. Mai im allgemeinen sehr wirksam durchgeführten Ablenkungsvorstöße an der Karstfront griffen bei Tagesanbruch starke Geschwader unserer Land- und Seeflieger die militärisch wichtigsten Aus¬ rüstungsstätten, Verkehrsknotenpunkte und feindlichen Führerstandorte in Venetien 2 17