Volltext: Jildirim [4] (Ban 4/1925)

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Lazarette im Gebrauch gewesen und befanden sich in einem Zustande der 
Verwanzung, der jeder Beschreibung spottete. Wiederholt mußte auf der 
Flucht vor den Wanzen ein Quartierwechsel vorgenommen werden, 
wovon auch der Oberbefehlshaber, mit philosophischem Gleichmut das 
Wirken dieser höheren Macht ertragend, nicht verschont blieb. 
Rauh und den kalten östlichen Festlandswinden ausgesetzt, ist das 
Klima Nazareths. Wenn auch der Winter 1917/18 milde verlief, und 
Schnee und Eis nur von ferne auf den Kämmen des Gebirges sichtbar 
wurden, so machte sich doch bei dem Mangel an Öfen und Brennstoff >ie 
Kühle sehr bemerkbar. So wird es auch zu Christi Zeiten gewesen 
sein, und man lernt menschlich verstehen, warum Jesus mit Vorliebe 
hinunterwandelte zum Galiläischen Meer, dessen Ufer mit ihrem fub- 
tropischen Klima die rauhen Stürme des Gebirges nicht kannten und 
wo die glückliche Fischerbevölkerung der neuen Lehre in ganz anderem 
Maße zugänglich war. 
Nazareth war der Sitz zahlreicher türkischer Lazarette, die in den 
massiven, meist auf luftiger Höhe angelegten Pilgerheimen, Schulen, 
Waisenhäusern gut untergebracht waren. Bei der Nähe der Front kamen 
die Verwundeten meist in ziemlich frischem Zustande zur Behandlung! 
aber es fehlte an Ärzten, besonders Fachchirurgen, und geschultem Pflege- 
personal. Als die Zahl und Schwere der Verwundungen zunahm, ordnete 
ich an, daß der deutsche beratende Chirurg, Professor Bier, von der 
Front nach Nazareth gerufen wurde. Er hat hier Gutes geschaffen, 
man legte ihm keine Schwierigkeiten in den Weg, wie es beispielsweise 
bei der türkischen 7. Armee vorkam, daß die deutsche fachchirurgische Hilfe 
von den türkischen Ärzten brüsk zurückgewiesen wurde. Das entsprach 
ganz der türkischen Art und dem kindlichen Dünkel, der lieber die eigenen 
Verwundeten sterben ließ, als die deutsche Überlegenheit anerkannte. 
Die Sauberkeit in den türkischen Lazaretten war leidlich, man fürchtete 
wohl etwas das deutsche Urteil: aber bei näherem Zusehen fand man, 
daß doch vieles nur äußerer Schein war. 
Mit dem Vorschreiten der kühlen Jahreszeit mehrten sich die Zu- 
gänge an Fleckfieber. Kein Wunder, da die Entlausung bei der Truppe 
an der Palästina-Front überhaupt nicht, in den Lazaretten nur höchst 
dürftig durchgeführt wurde. So war ein Gang durch die Fleckfiebersäle 
von Bett zu Bett nicht ganz ungefährlich. An der Front, wo die beut- 
schen Arzte des Asienkorps in engste Berührung mit den türkischen 
Soldaten kamen, starben mehrere an Fleckfieber als Opfer des Berufes. 
"Die Lazarettverpflegung war kümmerlich: wirklich zweckentsprechende
	        
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