Volltext: Der Josephinismus

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II. 
UMFANG UND ERSCHEINUNG 
Die Anschauungen des Josephinismus sind vor allem sozial, 
national und religiös differenziert. Wir müssen uns zunächst 
die Frage vorlegen, inwieweit sie sich bei den einzelnen Völkern 
der Monarchie abgewandelt haben, inwieweit es etwa bei den 
Madjaren, Polen und Ruthenen eigentümliche Sonderformen 
josephinischer Anschauungen gegeben hat. Schon eine flüch 
tige Betrachtung der damaligen Verhältnisse bei den nicht 
deutschen Völkern der habsburgischen Länder zeigt uns, daß 
josephinische Strömungen bei ihnen auch in ihrem weiteren, 
weltanschaulich-politischen Sinn, zweifellos vorhanden waren. 
Wenn sich auch das Schwergewicht der Geltung eindeutig bei 
dem deutschen Element befand, wenn auch die josephinischen 
Strömungen von dort aus ihren Ausgangspunkt nahmen, so ist 
doch die Wirkung josephinischer Ideen bei allen anderen Völkern 
der Monarchie gleichfalls wahrnehmbar. Umfang und Tiefe 
ihres Einflusses war freilich von Fall zu Fall verschieden. Bei 
den slawischen Völkern kommt — soweit sie katholisch sind — 
der Josephinismus stärker zur Geltung. Innerhalb dieser 
Gruppe war Geltung und Nachwirkung josephinischer An 
schauungen bei den Tschechen am nachhaltigsten 1 . Bei den Polen 
und vor allem bei den Slowaken ist er wesentlich schwächer 
gewesen, obschon ja auch bei diesen verhältnismäßig früh 
liberale Strömungen aufkommen, die sicher mit auf josephinische 
Unterlagerungen zurückzuführen sind. Vor allem als anti 
klerikales Relikt, das sich mit national-kirchlichen Wünschen 
*) Der josephinische Einfluß auf die Tschechen und Slowaken ist auch von der 
bisherigen Forschung dieser Völker durchaus gewürdigt worden. Vgl. u. a. L. Vili- 
kovsktf: Dejiny literärmch spolecnostimalohontskych. Bratislava 1935. — Auf ihre 
geistige und volksbildnerische Bedeutsamkeit verweist Winter, Josefinismus, 
475-476.
	        
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