Literatur

  • Konrad Schiffmann, Die Handschriften der Öffentl. Studienbibliothek in Linz [maschinschriftlich]. Linz 1935, 40-41, Nr. 9. [online]
  • Konrad Schiffmann, Die Handschriften der Öffentl. Studienbibliothek in Linz (nicht seitenkongruente Abschrift der maschinschriftlichen Fassung Linz 1935 als PDF-Datei mit Nachträgen und neuen Signaturen) [online]
  • Friedrich Stegmüller, Repertorium biblicum medii aevi. 11 Bde. Madrid 1950-1980, Bd. 2 (1950), 178, Nr. 1610 (zu ff. 159v–188r). [Datenbankfassung online]
  • Henri-Marie Rochais, Les manuscrits du 'Liber scintillarum'. Scriptorium 4 (1950) 294-309, hier 299 (Nr. 84). [online]
  • Henri-Marie Rochais, Contribution à l'histoire des florilèges ascétiques du Haut Moyen Age latin. Revue Bénédictine 63 (1953) 246-291, hier (Rochais irrtümlich: "285").
  • Henri-Marie Rochais, Defensoriana. Archéologie du 'Liber scintillarum'. Sacris erudiri 9 (1957) 199-264, hier 214 (Nr. 97; zu ff. 139r-154r).
  • Johann Baptist Schneyer, Repertorium der lateinischen Sermones des Mittelalters für die Zeit von 1150-1350 (Beiträge zur Geschichte der Philosophie und Theologie des Mittelalters 43, 1-11). Münster 1969-1990, 2.220 (Schneyer: "Cc IV 22").
  • Morton W. Bloomfield [u.a.], Incipits of Latin Works on the Virtues and Vices, 1100-1500 A.D. Including a Section of Incipits of Works on the Pater Noster (The Mediaeval Academy of America Publication 88). Cambridge/Mass. 1979, 73, Nr. 687 (zu ff. 139r-154r).
  • Anna Reisenbichler, Beschreibung von Linz, Oberösterreichische Landesbibliothek, Cod. 316 (Schiffmann 9) im Rahmen des vom Forschungsfonds FWF finanzierten Forschungsprojektes 'Katalog der illuminierten Handschriften der OÖ Landesbibliothek: ca. 1220-1400' (P 26172). [online]

Beschreibung

Die vorliegende Beschreibung wurde im Rahmen des vom Forschungsfonds FWF finanzierten Forschungsprojektes „Katalog der illuminierten Handschriften der OÖ Landesbibliothek: ca. 1220-1400“ (P 26172, Leitung Dr. Katharina Hranitzky) verfasst. Die Beschreibweise richtet sich nach den Richtlinien, die im Rahmen der Katalogisierung der illuminierten Handschriften und Inkunabeln der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien erstellt wurden und denen auch die Beschreibungen im gedruckten „Katalog der illuminierten Handschriften, Inkunabeln und Frühdrucke der Oberösterreichischen Landesbibliothek in Linz“ (Bd. 1/1) folgen. Dementsprechend liegt der Schwerpunkt der Beschreibung auf der Analyse und der kunsthistorischen Einordnung des Buchschmucks. Eine aktualisierte, gedruckte Version des vorliegenden Textes wird in Bd. 2 des gedruckten Linzer Katalogs publiziert sein.


Cod. 316

Theologische Sammelhandschrift (Greculus, Sermones; Liber scintillarum u. a.)

Österreich (Niederösterreich?), 1341


Pergament • I + 188 Blätter • 26 x 18/18,5 cm • Lagen: I + 13.V129 + (V-1)138 + 5.V188. Aus Lage 14 das letzte (zweifellos leere) Blatt herausgeschnitten. Am Ende Textverlust (s. ‚Inhalt‘); das letzte Blatt der letzten Lage hat denn auch einen Reklamanten. Ansonsten am Ende der Lagen, in Tintenbraun, unten mittig, fast durchgängig Kustoden in römischen Ziffern, ab f. 159 zusätzlich rechts unten Doppelblattzählung in brauner Tinte teilweise erhalten bzw. erkennbar (z. B. ff. 160r, 161r, 163r). Die Leimspuren auf f. Ir lassen erkennen, dass dieses Blatt ursprünglich als vorderer Spiegel diente. • Textualis von vier Schreibern: ff. 1r138r von der Hand des Albertus de Leubsa, 1341 datiert (s. ‚Entstehung und Provenienz‘), ff. 139r158r von Schreiber 2, ff. 158r159r von Schreiber 3, ff. 159v188r von Schreiber 4. Schriftspiegel: zwei Spalten (einzig f. 159v Text einspaltig); 19,5/20,5 x 13,5 cm; 42 Zeilen, ab der 6. Lage 41 Zeilen (einzig in der 12. Lage unregelmäßig zwischen 39 und 41 Zeilen), ab der 15. Lage wiederum 42 Zeilen, in der 18. und 19. Lage schließlich 35 Zeilen. Zahlreiche Randanmerkungen (ab f. 141r immer wieder mit Umrandungen mit dreifachen Ausbuchtungen). Zeilengerüst in brauner Tinte gezogen.


EINBAND

Braun-schwarz gesprenkeltes Papier über Pappdeckeln (s. VD, HD), Rücken und Ecken mit weißem Leder überzogen; Baumgartenberg, 18. Jahrhundert. Das Papier stark zerkratzt, am Rücken zahlreiche Wurmlöcher. Am Rücken oben Titelschild mit Goldprägung. Zum Einbandtypus s. K. Hranitzky, M. Schuller-Juckes (und S. Rischpler), Die illuminierten Handschriften, Inkunabeln und Frühdrucke der Oberösterreichischen Landesbibliothek in Linz. Handschriften und Frühe Drucke ca. 1440–1540. 2 Teilbde. Teilbd. 1: Österreich, Passau, Italien. Wien 2018, Textbd., S. XLII und Kat. 7, Anm. 1. Spiegelblätter neuzeitlich und aus Papier, sie sind Teil der vorne und hinten jeweils zum Schutz hinzu gebundenen Lage aus vorne vier und hinten acht mit dem Einband zusammenhängenden Blättern.


ENTSTEHUNG UND PROVENIENZ

Der erste Teil des Codex, ff. 1r138r, stammt von einem Schreiber Albert aus dem niederösterreichischen Langenlois, s. den Kolophon f. 138r: Explicit Flores apostolorum scriptus per manus Alberti de Leubsa Anno Domini MCCCXLI. (Zur älteren Bezeichnung Leubs und Leubsa für Langenlois s. z. B. die in monasterium.net erfassten Urkunden, in denen der Ort genannt wird; zu den Formen Liubisa, Liubes, Liubis und Leubis s. Graesse, Orbis latinus unter der URL http://www.columbia.edu/acis/ets/Graesse/orblatl.html#Liubisa.) Gleich im Anschluss, ebenfalls in Rot, Vermerk des Korrektors: Explicit Flores apostolorum correctus per manus H. de Geysa. Deo gratias. Fol. 154r Schlussschrift ohne Schreibernennung. – In die heutige OÖLB gelangte der Codex aus dem Zisterzienserstift Baumgartenberg (s. auch ,Einband’): Auf dem Vorsatzblatt f. Ir zwei Ordnungszahlen: oben mittig N°:20, unten mittig 44 (wohl 18. Jahrhundert und charakteristisch für die Handschriften aus Baumgartenberg, s. Hranitzky–Schuller-Juckes, wie oben, ‚Einband‘); des Weiteren auf f. Iv barocker Bibliotheksvermerk Pomerii montis.


INHALT

Fol. Iv oben Inhaltsangabe. – ff. 1r138r Greculus, Sermones de tempore (Flores Apostolorum; Schneyer [wie unter ‚Literatur‘], 206–220). – f. 138v leer. – ff. 139r154r Liber scintillarum (s. Rochais 1950, Rochais 1957, Bloomfield); f. 139r Inhaltsverzeichnis, dieses jedoch nicht ganz korrekt, es nennt nur 76 statt 78 Kapitel (Kapitel 8 und 40 sind nicht angeführt; von einer späteren Hand wurden ein paar wenige Korrekturen an den Titeln der Kapitel vorgenommen); der Schreiber auf f. 154r vermerkt allerdings 78 Kapitel. Eine leicht abweichende Textfassung ed. in PL1; 88 (s. die URL http://www.mlat.uzh.ch/?c=2&w=DefLoc.Scinti). – ff. 154r156r Guilelmus de Sancto Amore, De quantitate eleemosynae (P. Glorieux, Répertoire des maitres en théologie de Paris au XIII° siècle. 2 Bde. Paris 1933–34, Bd. 1, 344, Nr. 160g; R. Schönberger [u. a.], Repertorium editierter Texte des Mittelalters aus dem Bereich der Philosophie und angrenzender Gebiete, A–Z. Berlin 22011, 1744). – ff. 156r158r Guilelmus de Sancto Amore, De valido mendicante (P. Glorieux [wie im Vorausgehenden], Nr. 160h; R. Schönberger [wie im Vorausgehenden], 1744). – ff. 158r159r Texte zu De caritate Christi ad nos, De desperatione, De superbia, De contritione, De confessione, De elemosina (Inc: Bernhardus si Christus filius Marie Virginis tot habuisset membra quod sunt stellae in firmamento caeli). – ff. 159v188r Haimo Altissiodorensis (?) (auch Ps.-Haimo Halberstadensis, Cassiodorus), In Cantica canticorum. Text bricht ab in Kapitel 8, Vers 12 mit … Ducenti ergo argentei, qui est duplicatus centenarius (f. 188r). Die Autorschaft ist nicht eindeutig geklärt, der Text wird sowohl Cassiodorus (Stegmüller [wie unter ‚Literatur‘], Bd. 2 [1951], 235, Nr. 1895) als auch Ps.-Haimo Halberstadensis (Stegmüller [wie unter ‚Literatur‘], Bd. 3 [1951], 9, Nr. 3079) zugeschrieben. Die Werke des Haimo Altissiodorensis (oder Haimo von Auxerre) wurden bis ins 20. Jh. fälschlicherweise dem gleichzeitig lebenden Bischof Haimo von Halberstadt zugeordnet (s. den Katalog der Deutschen Nationalbibliothek unter der URL https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&cqlMode=true&query=idn%3D1090653409); ed. PL 70, 1055–1106, s. die URL http://mlat.uzh.ch/?c=2&w=CasViv.ExInPs bzw. PL 117, 295–358, s. die URL http://mlat.uzh.ch/?c=2&w=HayHal.CoInCaC2 (vgl. auch Anm. 1). (Bei Schiffmann und Stegmüller ist der Linzer Text angegeben als Beda Venerabilis, Super Cantica canticorum.)


BUCHSCHMUCK

Rote Überschriften (f. 1r auf dem oberen Seitenrand), rote Paragraphzeichen und Strichelung von Majuskeln, ab f. 159v außerdem rote und braune Unterstreichungen nach den Paragraphzeichen. Zeigehände in brauner Tinte auf ff. 4r, 9r, 9v, 10r, 37v, 44v, 49v, 53r, 123r; ab f. 141r andersförmige Zeigehände (in Braun und Rot) als Verweiszeichen neben den umrandeten Randanmerkungen.

1J. P. MIGNE, Patrologiae cursus completus. Series latina. Paris 1844–1864; s. die durch google books zugänglich gemachten Digitalisate aller Bände unter der URL http://patristica.net/latina/).
Auf ff. 52r, 67v, 89v Buchstaben der ersten Zeile cadellenartig verlängert und verziert, teilweise auch marginale Verzierungen von Großbuchstaben im Text (z. B. ff. 20r, 117v). Ab f. 167r einige betonte Buchstabenoberlängen bzw. zoomorphe oder figürliche Cadellen. Zu den Textabschnitten meistens zweizeilige rote Lombarden, einzig ff. 139r154r teilweise auch blaue Lombarden. Manche dieser Lombarden zeigen bescheidene Verzierungen in Form von dünnen begleitenden oder spiraligen Linien im Binnenfeld (z. B. ff. 39v, 41r, 152v), einige sind größer und sorgfältiger ausgeführt (z. B. ff. 59r, 159v). Auf f. 154r zu Textbeginn eine fünfzeilige gespaltene Initiale in Rot. Zu Textbeginn f. 1r, zu Beginn des Prologs f. 139r und zum ersten Kapitel f. 139v sowie zum Beginn des Textes auf f. 156r 4 Fleuronné-Initialen.

 

CADELLEN

Ab f. 167r einige Cadellen mit Vogel- oder Mönchsköpfen: ff. 167r, 180r, 187v angedeutete Vogelköpfe im Profil mit runden Augen und spitzen Schnäbeln; ff. 176v, 177r, 178r, 186v, 187v Mönchsköpfe im Profil, mit stilisierten Haarkränzen, großen Augen und zum Teil mit durch einen roten Strich betonten Wangen.


FLEURONNÉ

Die kopfstempelförmig gespaltene Initiale auf f. 154r ist einfärbig rot und hat keinen Fleuronné-Dekor, entspricht aber formal jener auf f. 156r Foll. 139r, 139v und 156r der Buchstabenkörper jeweils rot-blau kopfstempelförmig gespalten. Die Initiale f. 139v ist nicht so sorgfältig gezeichnet wie die anderen drei Initialen, dennoch stammen alle vier Initialen von einer Hand. Das in Rot und Blau gehaltene Fleuronné ff. 139r, 139v und 156r recht bescheiden, einzig jenes auf f. 139r verfügt über einen gestrichelten Ausläufer. Das Binnenfeld der Initiale f. 139r diagonal geteilt und mit zwei halbpalmettenartigen roten Blättern gefüllt; jenes der Initiale f. 156r enthält einen ährenartigen „Knospenstab“. Beide Initialen sind blau umrahmt, diese Umrahmung spannt auf f. 156r zusätzlich ein quadratisches Initialfeld auf, das sehr einfach mit flüchtigen Trifolien gefüllt ist.

Die Initiale auf f. 1r ist sorgfältiger gezeichnet. Der blaue Buchstabenkörper ist mit einer zarten Filigranranke in Gold verziert. Das Fleuronné zweifarbig rot und violett. Das Binnenfleuronné besteht aus drei violetten Begleitlinien, die mehrere leicht gebogene, z. T. frei angeordnete Knospenleisten mit punktförmigen roten Kernen einrahmen. Das rote Besatzfleuronné besteht in den Außengrundecken aus je einem Paar voneinander abgewendeter bogenförmiger Knospenreihen, zwischen denen eine Zwickelknospe mit kreisförmigem Kern sitzt. Den Besatz des Außengrundes bilden kurze Perlenreihen, die auf den doppelten Begleitlinien aufsitzen und in regelmäßigen Abständen mit Knospen abwechseln; diese Knospen relativ groß, teilweise mit kreisförmigen Kernen. Zur Betonung der linken oberen Ecke und der Mitte der Initiale drehen sich die Enden der aneinander stoßenden äußeren Begleitlinien nach außen ein, dazwischen sitzt jeweils ein kleiner Kreis. Dasselbe Motiv auch als unterer Abschluss der etwa bis zur Hälfte des Schriftspiegels reichenden vertikalen Fadenfortsätze.


STIL UND EINORDNUNG

Der Fleuronné-Dekor der drei Initialen ff. 139r, 139v und 156r ist stilistisch zu unspezifisch, um Rückschlüsse auf den Entstehungsort der Handschrift zu erlauben.

Die sorgfältiger geschmückte Initiale f. 1r weist eine entfernte stilistische Nähe zu einem 1336 entstanden Missale aus St. Lambrecht in der Universitätsbibliothek Graz (Cod. 395; Beschreibung von Hans Zotter im Handschriftenkatalog der UB Graz unter der URL http://sosa2.uni-graz.at/sosa/katalog/katalogisate/395.html) auf, mit Cod. 316 vergleichbar ist beispielsweise die Initiale auf f. 62r dieser Handschrift: Das Besatzfleuronné besteht hier aus kurzen Perlenreihen, die auf den doppelten Begleitlinien aufsitzen und in regelmäßigen Abständen mit Knospen abwechseln. Auch die Zweifarbigkeit des Fleuronnés in Violett und Rot findet sich im Missale, z. B. f. 236r (hier ebenfalls mit blauer Initiale). Insgesamt ist das Fleuronné des Missales jedoch viel dichter und ornamental-flächiger angelegt als jenes in Cod. 316. Weiters vergleichbar ist das Motiv der Filigranranke, mit der der Buchstabenkörper bemalt ist (Cod. 395: z. B. ff. 62r, 236r). Cod. 395 ist dem Umkreis des „Älteren Radecker Missale“ (Salzburg, Universitätsbibliothek, M III 48; s. die Beschreibung von Beatrix Koll von 2003 samt Abb. unter der URL www.ubs.htmsbg.ac.at/sosa/handschriften/mIII48) zuzurechnen. Die Nachfolge dieses Missales erstreckt sich über ganz Österreich, so dass dieser Bezug alleine die exakte Bestimmung des Entstehungsorts von Cod. 316 nicht möglich macht. Eine Verbindung zu Salzburg ist dennoch nicht auszuschließen. (Für ihre Hinweise danke ich Dr. Christine Beier, Universität Wien.)


LITERATUR

Siehe oben

Beschreibung von Anna Reisenbichler, Erstfassung 29. 8. 2017
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