Volltext: Was ist Bewusstsein?

der Nachfolge prinzipiell unangetastet, aber in das Subjekt, seine transzendentale Funktion, fließen nun auch mehr und mehr 'organische', biologische Aspekte ein. 1.1.5.5 Pragmatismus und Hermeneutik Versucht man mit Blick auf Kant und die verschiedenen nachkantischen Positionen sich ein Bild von dem nominalistischen Subjekt zu machen, so zeigt sich dieses als uneinheitlich, seine Autonomie und Substanzhaftigkeit erscheint irgendwie fragwürdig, seine Struktur erscheint beinahe porös, durchlässig. Die gesetzgebende Autonomie des rationalen Verstandes, seine synthetische Funktion, scheint von anderen, eher biologisch oder kultur-historisch begründeten Faktoren motivisch beeinflusst zu sein. Daraus ergeben sich zwei verschiedene Entwicklungen. Die eine führt logisch zum erkenntnistheoretischen Pragmatismus, die andere zum Strukturalismus im weitesten Sinn. Der Pragmatismus zieht eigentlich nur die erkenntnistheoretischen Konsequenzen aus dem uneinheitlichen Bild, das sich in der Folge der 'Kopernikanischen Wende' vom nominalistischen Subjekt herausgebildet hat. Klassisch nominalistisch unhintergehbar, aber nicht eindeutig oder auch nur einheitlich bestimmbar. Das Subjekt wird nicht mehr als das Gegenüber der Welt gesehen, sondern als handelnd. Seine Beziehung zur Welt ist nicht die Erkenntnisbeziehung, das Bemühen um das Erkennen der Gegenstände um der Erkenntnis selbst willen, sondern was zählt ist der Nutzen. Das Streben nach Nutzen ist es, die die Erkenntnis antreibt. Entsprechend ist es auch der Horizont des Nutzens, der das Gegenüber des Subjekts, die Gegenstände bestimmt. Eine ganz andere, aber prinzipiell auf der selben Linie liegende Form der Konkretisierung des transzendentalen 'Subjekts' erfolgte durch den Strukturalismus und die Sprachphilosophie, den vielzitierten 'linguistic turn' in der Philosophie des 20. Jahrhunderts. Das transzendentale Element, die transzendentale Funktion, geht gewissermaßen vom einzelnen, konkreten Subjekt auf eine (Sprach-)Gemeinschaft über. Der Nominalismus bleibt im Prinzip auch hier unangetastet, aber die Autonomie geht von der Substanz auf die Struktur über, an der das einzelne, substanzhafte Subjekt teilhat oder in die es hineingeboren wird, gewissermaßen eine kulturell-sprachliche Form von Ontogenese. Die Autonomie des Einzelnen geht dadurch in gewissem Ausmaß verloren. Auch der Holismus der klassischen Metaphysik hatte sich auf die Sprache bezogen, allerdings auf die Begriffe (auf die 'spezifische Allgemeinheit'), nicht auf die konkrete Sprache. Nun wird, in Verbindung mit dem Nominalismus, die Sprache zum primären Werkzeug der Welterschließung im Sinne der Hermeneutik. Es handelt sich gewissermaßen um eine Dezentrierung des Nominalismus, denn dieser Auffassung liegt noch immer das Bild des Subjekts zugrunde, dieses aber nun nicht mehr als singuläres, autonomes, sondern als viele bzw. als Teil einer Gemeinschaft. Die Frage nach den Kriterien von Rationalität tritt in Verbindung damit natürlich erneut auf, und muss auf neue Art beantwortet werden. Fragen der 'rationalen Akzeptierbarkeit' (Putnam) spielen eine wichtige Rolle in der Philosophie des 20. Jahrhunderts, sowohl für den Pragmatismus, als auch für den Strukturalismus. Und um sie zu beantworten wird es notwendig sein, sich von dem nominalistischen Erkenntnismodell zu lösen, und zur Unterscheidung unterschiedlicher Formen von Referenz (handelnd, nachdenkend, argumentierend, funktional …) überzugehen. Man kann den sog. 'linguistic turn' als Tendenz in diese Richtung betrachten, nämlich die Konzentration auf den Gebrauch von Wörtern, weggehend vom Bild der Erkenntnisbeziehung, das auch der Hermeneutik noch zugrunde liegt. beim Aufbau der 'gegenständlichen Welt' gesucht, indem er in ähnlicher Weise wie Kant von einem naturwissenschaftlich geprägten Bild von Gegenständlichkeit ausging. Heidegger schließt in seiner Daseinsanalyse übrigens auch an die von Descartes ausgehende andere Linie von Kants Nachfolge an, die rationale Metaphysik. 26
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