Volltext: Was ist Bewusstsein?

Experience.“53 1.1.5.2 Kant Sowohl der Empirismus, als auch der Rationalismus bedienen sich der Vorstellung vom Bewusstsein als passivem Medium der Sinneseindrücke, wobei der Rationalismus gegenüber dem Empirismus die eigenständige Rolle des Verstandes am Aufbau des Bildes der objektiven, gegenständlichen Welt hervorhebt. Er betrachtet die Sinneseindrücke gewissermaßen nur als Rohmaterial für den Verstand, allerdings fällt ihm die Abgrenzung gegenüber der Metaphysik schwer. Durch das von David Hume in aller Schärfe aufgeworfene Problem der Induktion erhielt diese Diskussion nun allerdings entscheidende Relevanz für die empirische Naturwissenschaft bzw. für die erkenntnistheoretische Begründung des Vertrauens in diese. Die Schärfe dieses Problems hängt auch damit zusammen, dass die empirische Naturwissenschaft (insbesondere durch Isaac Newtons Formulierung der Gesetze der Mechanik) mittlerweile selbst endgültig zum Inbegriff der sicheren Erkenntnis geworden war. Die im Selbstverständnis der Erkenntnistheorie als prima philosophia liegende Aufgabe der Prüfung der Legitimation der Erkenntnis nimmt bei Kant daher eine doppelte Gestalt an: Einerseits die erkenntnistheoretische Legitimation der naturwissenschaftlichen Erkenntnis bzw. deren Geltung (durch die Lösung des Induktionsproblems), und andererseits, in Verbindung damit, ihre Abgrenzung gegenüber den Erkenntnisansprüchen der Metaphysik. Kants Lösung für das Induktionsproblem ist die sog. 'Kopernikanische Wende', die Verankerung der Anschauungsformen (Raum und Zeit) und der fundamentalen logischen und ontologischen Kategorien des (naturwissenschaftlichen) Denkens im Subjekt. Den Ausgangspunkt dafür bildet die Frage nach den transzendentalen Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis im allgemeinen (auf der Grundlage von reinen Sinneseindrücken). Diese ordnen sich ja nicht von selbst, sondern sie werden durch das Denken in eine Ordnung gebracht, und diese Ordnung beruht eben auf den Kategorien des Verstandes als der transzendentalen Bedingung der Möglichkeit der Synthese der Sinneseindrücke. Die Anschauungsformen und die Kategorien des Denkens erhalten so einen transzendentalen Status in Bezug auf die Art und Weise, wie uns die Welt erscheint, und wie sie uns von der Naturwissenschaft (respektive der Newtonschen Mechanik) erklärt wird. Diese erkenntnistheoretische Legitimation der Geltung der naturwissenschaftlichen Erkenntnis impliziert zugleich die Unerkennbarkeit der 'Dinge an sich' und erklärt damit alle metaphysischen Erkenntnisansprüche für uneinlösbar. Die Einführung des Gedankens einer transzendentalen Dimension der Anschauungsformen und Denkschemata, die der Art und Weise, wie wir die Welt wahrnehmen, zugrunde liegt, ist eine große Leistung Kants, weil sie in grundsätzlicher Weise die Rolle der Konzepte des Denkens für die Erkenntnis sichtbar macht.54 Diese Konzeption entfaltet in weiterer Folge auch große Wirkung. Aber die funktionale Begründung der Verstandeskategorien in Bezug auf ihre Leistung für die 53 Locke, J. (1979), S. 296 54 Sie ist in der Kantschen Form, im Rahmen des Subjekt-Objekt-Modells der Erkenntnis, allerdings limitiert durch die gegenstandsbezogene Erkenntnisvorstellung (die ihren Ausdruck in der Vorstellung der 'Synthese von Sinneseindrücken' findet). Dieses Modell kann zwar die Rolle von transzendentalen Konzepten in der Wahrnehmung verständlich machen, nicht jedoch deren Rolle in der Forschung. In der Naturwissenschaft geht es ja nicht um die Ordnung von Sinneseindrücken, sondern gewissermaßen um die Metaebene, die Ordnung von Phänomenen. Die genannte Limitierung führt daher (in Verbindung mit der Form der Verankerung der transzendentalen Kategorien des Denkens im Subjekt) zu einer Verkennung der Rolle, die transzendentale Konzepte (über Verstandeskategorien hinaus) für den forschenden Zugang und den Erkenntnisfortschritt der Naturwissenschaft spielen. Ein Beitrag, der in der Nach-Newtonschen Physik immer deutlicher hervortritt. Sie verhindert m.a.W. die Einsicht in den transzendentalen (nicht gegenstandsbezogenen) Erkenntniszugang der Naturwissenschaft als solcher, der in seinem Bezug auf Phänomene prinzipiell indifferent ist gegenüber dem Subjekt-Objekt-Schema. 23
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