Volltext: Was ist Bewusstsein?

Zuwachs an Autarkie durch Vielzelligkeit (Verteilung von 'Aufgaben'), durch Lösung von der Standortgebundenheit, Heterotrophie (Erschließung von organischen Energiequellen), Aufbau von Koordinaten, und Steigerung der Mittelbarkeit der Beziehung gehen also Hand in Hand.442 Evolution kann in dieser Hinsicht daher als ein Zug in Richtung verstärkter Autarkie gedeutet werden. Grundlage jeder Form von Autarkie ist dabei ein dynamisches Fließgleichgewicht, das aufrechterhalten werden muss. Wobei wiederum existierende Fließgleichgewichte die Grundlage für die Etablierung von Fließgleichgewichten auf höherer Ebene bilden können.443 Die Frage ist, welche Schritte es sind, die von der Zentralität des tierischen Bewusstseins in der skizzierten Form (als unipolares Referenzsystem) hinführen zum menschlichen (dezentralisierten, weil mit Selbstbewusstsein 'ausgestatteten') Bewusstsein, bzw. wie dieses in diesem Rahmen charakterisiert und begriffen werden kann. 3.2 Fortpflanzung und Evolution des Bewusstseins Ausbreitung, Wachstum, angetrieben von der Energie der Sonne, liegt in der Natur der viralen, strukturbildenden, präbiotischen Prozesse, die die Grundlage des Lebens bilden. Deren Verstetigung in Form der Verstetigung der Energiezufuhr (auf der Grundlage der Akkumulation von Energie) ist es, nach unserer These, die zu einer relativen Autonomie jener Prozesse auf Basis der organischen Einheit (als Bedingung der Verstetigung) führt, deren Kern eben ihre prekäre Autarkie bildet. Wir haben auch davon gesprochen, dass die Fortpflanzung aus Sicht der viralen Prozesse nichts anderes ist, als Wachstum, Ausbreitung, unter der Bedingung prekärer Autarkie, also des Individuums. So, wie sie sich umgekehrt, aus Sicht des Individuums, mit Bezug auf die viralen Prozesse als dessen eigener generischer Basis, als erweiterte Form von Selbsterhaltung darstellt. Diese ist unter der Bedingung der prekären Autarkie gebunden an den Metabolismus, der, wie dargestellt, durch die Dialektik, die dem Umstand entspringt, dass die Organismen nicht nur auf die Umwelt als Nahrungsquelle angewiesen sind, sondern auch selbst Teil der Umwelt anderer Organismen, und damit selbst potentielle Nahrungsquelle sind, zur Evolution führt. Der 'konservative' Zug der Selbsterhaltung, der Aufrechterhaltung der prekären Autarkie, der Verstetigung der viralen Prozesse, verbindet sich so von selbst mit Entwicklung und 'Innovation'. D.h., die 'Anpassung' an die Umwelt ist, wie schon früher dargelegt, nicht alleine unter dem Aspekt der Konkurrenz und der Bedrohung, sondern gleichzeitig auch unter dem dialektischen Aspekt der Erweiterung des Nahrungsangebots zu sehen, das in Hinsicht auf die Entwicklung der organischen Infrastruktur auf Basis der prekären Autarkie zu einer Quelle von Innovation wird. Der 'konservative' Aspekt der Evolution wird in Bezug auf den Aspekt der Erhaltung der 'Infrastruktur' noch klarer, wenn man ihn unter dem Gesichtspunkt der (positiven und negativen) Entropie – der Schrödingerschen Perspektive – betrachtet. Denn, selbst wenn man davon ausgeht, dass ein primitives lebendes System die Form einer Art Verschränkung des Organismus mit seiner Umwelt hat, so ist die Negentropie (d.h. die Aufrechterhaltung der viralen Prozesse, und mittelbar der Struktur, durch Zuführung von Energie) dennoch nie vollkommen im Gleichgewicht, es muss sich immer gegen Tendenzen der positiven Entropie durchsetzen. soziale Ebene von Individuen als Teil sozialer Gemeinschaften. Die Ebenen folgen einer Hierarchie wachsender neuronaler Komplexität. Entsprechend lassen sich gemäß einer horizontalen Aufteilung schichtenspezifische neurowissenschaftliche Subdisziplinen unterscheiden: Molekulare Neurowissenschaft (Ebene 1). Zelluläre Neurowissenschaft (Ebene 2). Computationale Neurowissenschaft (Ebenen 3 und 4, teilweise auch ab 2). Systemische Neurowissenschaft (Ebene 4, teilweise auch 5 und 6). Soziale Neurowissenschaft (Ebenen 5 und 6).“ (Lyre, H. (2017), S. 320f.) 442 Siehe dazu auch Jonas, H. (2011), S. 305f. 443 Wobei es auch Zwischenstufen innerhalb der skizzierten Stufenfolge von organisierter (verteilter) zu unipolarer Referenz geben kann, wie das Beispiel der Schwarmtiere zeigt. 133
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