Volltext: Heimatbuch Unterweissenbach

Bilder vom Leben auf einer heimischen Burg 
Die Ankunft des Lenzes 
wurde wie eine elementare Befreiung erlebt. 
Dietmar von Aist, 
ein Minnesänger aus unserem Gebiet, 
seine Burg lag flussabwärts an der Aist, 
verband in wunderbaren Versen 
das Frühlingserwachen 
mit der Sehnsucht nach der geliebten Frau. 
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Bild: Heidelberger Lieder- 
1andschrift, 
Jniv. Bibl. Heidelberg 
Jer Minnesänger Dietmar 
von Aist verkleidete sich als 
Arämer, um sich seiner 
Herzensdame nähern zu 
können 
„Uf der linden obene da sanc ein kleines vogellin. 
Vor dem walde wart ez lut: 
da huop sich aber daz herze min, 
an eine stat da ’z da was. 
Ich sah die rosebluomen stan. 
Die manent mich der gedanke vil, 
die ich hin zeiner frouwen han.“ 
„Droben auf der Linde, da sang ein kleines Vöglein. 
Vor dem Walde war es zu hören. 
Da erhob sich wieder mein Herz, 
zu einer Stätte, an der es vormals war. 
Ich sah die Rosenblüten steh’n. 
Die mahnen mich an die vielen Gedanken, die mich 
zu meiner Dame hinziehen.“ 
Religiöse Verpflichtungen prägten das Leben auf 
der Burg entscheidend mit. Bei der Schwertleihe, ofl 
auch als „Ritterschlag‘“ bezeichnet, gelobte der Rit- 
ter nicht nur die Gefolgstreue seinem Herrscher ge- 
genüber, sondern auch, seine Waffen zur Verteidi- 
gung der Kirche und zum Schutz der Witwen und 
Waisen einzusetzen und auch „ein fleißiges Bezei- 
gen der Frömmigkeit durch Messehören und der- 
gleichen an Tag zu legen“. 
Das Leben war kurz und trotz aller Wehrhaftigkeit 
angesichert. Immer war der Ritter „vom Tod um- 
langen“. Schon eine kleine Verletzung konnte zu 
einer Infektion und Wundbrand führen. Mit 40 Jah- 
ren galt man damals ohnehin schon als alter Mann. 
ı Joachim Zeune, a.a.0 
So wurde der Blick aufs Jenseits gerichtet, das man 
sich nach dem Bild des Diesseits vorstellte. Christus 
ist der mächtige König, er ist von seinen Gefolgs- 
leuten, den Aposteln, umgeben. ' 
Besonders wurden die Märtyrer verehrt. Sie hatten 
sınen erfolgreichen Kampf bestritten. Eine schon 
ungesunde Reliquienfrömmigkeit machte sich breit. 
In der Pfarrchronik Unterweißenbach wird ein 
Kreuzpartikel erwähnt, das in den Besitz der Niko- 
{auskirche kam. 
Die ritterlichen Ideale von tapferer Kriegsdienst- 
leistung und Gefolgschaftstreue zum obersten Le- 
hensherrn Christus ließen sich glänzend mit dem 
Kreuzzugsgedanken verbinden. Die Moslems hatten 
die heiligen Stätten in Palästina erobert. Als Papst 
Urban II. unter der Devise „Gott will es!‘ zum 
Kreuzzug und zur Rückeroberung des Hl. Landes 
aufrief, erfasste ein wahrer Begeisterungstaumel die 
Ritterschaft. Man gewinnt den Eindruck, dass sie 
endlich ein Ventil fanden, aus der Eintönigkeit des 
Lebens auf ihren abgelegenen Burgen ausbrechen zu 
können. Sie wurden plötzlich von einem fieberhaf- 
ten Erlebnishunger getrieben. Insgesamt endete das 
Kreuzzugsunternehmen in einem Desaster. Die 
meisten Kreuzfahrer, sie hatten sich zum Zeichen 
ihrer Verpflichtung ein Kreuz ans Gewand geheftet, 
starben an Seuchen und in Kampfscharmützeln, ehe 
sie noch Palästina erreicht hatten. 
Bild: Heidelberger Lieder- 
handschrift 
Univ. Bibl. Heidelberg 
Wreuzritter. Ein geradezu 
nebriger Ausbruch aus der 
beenaten Welt 
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Auch der Lehensinhaber von Ruttenstein, Ulrich von 
Clam-Velburg, der letzte seines Geschlechts, kam 
beim 5. Kreuzzug in Ägypten ums Leben. Seuchen, 
verschmutztes Wasser und die unhygienischen Ver- 
hältnisse forderten mehr Opfer als der Kampf und 
dezimierte die Kreuzfahrerheere. Aber auch in den 
heimischen Burgen lagen die hygienischen Zustände 
ım Argen. Die Versorgung mit reinem Wasser war 
ein ständiges Problem. In den Granituntergrund hi- 
neingetriebene Brunnen erbrachten zumeist nur we- 
aig Wasser. So wird auch bei der Burganlage zu 
Ruttenstein eine Zisterne erwähnt. in die die Dach-
	        
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