Volltext: Heimatbuch Unterweissenbach

Das Leben ohne Strom und sonstigem Komfort 
cher Kälte nicht in den Stall gehen zu müssen, be- 
nütze man einen Nachttopf, einen so genannten 
„Scherm“‘. der unter dem Bett stand. 
Der Zeitpunkt des Aufstehens richtete sich nicht nur 
nach den zu erledigenden Arbeiten, sondern beson- 
ders auch nach dem Sonnenaufgang. Einen Radio- 
wecker gab es nicht. Zuerst musste der Holzofen 
singeheizt werden. Das Frühstück, die „Suppe“ 
‘„Stohsuppe“ oder „Seihsuppe“‘, „Einbrennsuppe‘‘), 
wurde bei Petroleumlicht zubereitet. Der holzbe- 
aeizte Herd war für die Zubereitung der Speisen 
ınabdingbar. Die Leute hatten also bei Zeiten für 
einen ausreichenden Vorrat an Brennholz für den 
Stubenofen und für Backofenholz zu sorgen. Für 
Ofen- und Brennholz verwendeten die Menschen 
Hart- und Weichholz, für Backofenholz bevorzugten 
sie Tannenholz. Alles musste mit der Zugsäge ge- 
schnitten und mit dem „Mösel“ gespalten werden. 
Es gab keine Mikrowelle, keinen E-Herd, keine Kaf- 
feemaschine, keinen Wasserwärmer, keinen Kü- 
chenmixer oder all die sonstigen mehr oder weniger 
wichtigen Gerätschaften, die heutzutage die Leute 
verwenden. Kaffee, sofern es überhaupt solchen gab, 
musste mit einer Handmühle gemahlen werden. 
Warmwasser, wie wir es heute gewohnt sind, gab es 
nur, nachdem es auf dem Ofen erhitzt wurde. Die 
Morgentoilette erfolgte daher entweder gar nicht 
oder mit kaltem Wasser. In den meisten Holzöfen 
war ein so genanntes „Schiff“ eingebaut. Das war 
zumeist ein mit Wasser gefüllter gusseiserner Kes- 
sel, der sich durch die Abwärme des Ofens mehr 
der weniger langsam erwärmte. 
Wasserleitungen, wie wir sie heute kennen, gab es 
nicht. Das Wasser war ein so genanntes „heimrin- 
nendes‘ Wasser, das heißt, der Brunnen befand sich 
höher als das Haus. Durch hölzerne Rohre floss es in 
das Haus und dort in einen steinernen Behälter, den 
„Grander‘. Bei manchen Häusern mussten die Be- 
wohner das Wasser von Hand aus dem Brunnen 
pumpen. Die hölzernen, einige Meter langen Was- 
serrohre wurden aus ausgesuchten Kiefernstämmen 
von einem erfahrenen Handwerker mit einem Hand- 
oohrer, dem „Röhrenbohrer“, gefertigt und mit höl- 
zernen. später mit eisernen Muffen verbunden. 
Bart „abbolwieren“ und Kinder gebären 
ist ein und der selbe Schmerz 
Auch alle sonstigen Elektrogeräte im Haushalt gab 
es nicht. Wenn sich der Hausherr rasieren („balbie- 
cen‘‘) wollte, so geschah dies mit dem Rasiermesser. 
Wer sich einmal mit einem solchen Rasiermesser 
rasiert hat, weiß. wie schmerzhaft das war. Nicht 
umsonst lautete ein Sprichwort: „Bart abbolwieren 
und Kinder gebären ist ein und der selbe Schmerz.“ 
Ein eigenes Kapitel war die Haltbarmachung der 
Lebensmittel, im Besonderen des Fleisches. In den 
Gastwirtschaften (und den Kleinbrauereien) gab es 
die „Eiskeller‘“. Das Eis wurde im Winter vom „Eis- 
teich“ geschnitten und im Eiskeller eingelagert. Dort 
sorgte es für die Frische der Getränke und der Le- 
aensmittel. In anderen Häusern gab es jedoch kei- 
aerlei Kühlgeräte, wie etwa Gefrier- oder Kühl- 
schrank. Frischfleisch gab es also, wenn überhaupt, 
nur für kurze Zeit nach der üblichen Hausschlach- 
ung. Der Großteil des Fleisches wurde durch Pö- 
<eln und Räuchern haltbar gemacht. Zur Schlach- 
tung kamen zumeist überaus schwere Schweine mit 
s»inem Gewicht von bis zu zweihundert Kilogramm. 
Das Fleisch war in der Regel sehr fett und daher 
äußerst ergiebig. 
Wasserhaltige Lebensmittel 
wie etwa Kartoffeln 
wurden über den Winter in Erdmieten, 
den so genannten „Gruben“ eingelagert 
Wasserhaltige ‘ Lebensmittel, wie etwa Kartoffeln, 
Futter- und auch Speiserüben, Gemüse und Äpfel, 
wurden in Erdmieten, den so genannten „Gruben“ 
über den Winter eingelagert. Wenn diese Güter dann 
m nächsten Frühjahr herausgenommen wurden, 
waren sie frisch wie zum Zeitpunkt der Einlagerung 
(wenn nicht Mäuse und andere Nager die Vorräte 
geplündert hatten). 
Auch die Zubereitung des Futters für die Tiere, bei- 
spielsweise das Kochen der „Sauerdäpfel‘, musste 
ausschließlich in holzbeheizten Kesseln (Erdäpfel- 
dämpfer) erfolgen. Das Zerstampfen derselben er- 
folgte von Hand. Futtermixer gab es ebenso wenig 
wie die heutigen Selbsttränker für die Tiere. Das 
Wasser für die Kühe und das Futter für die 
Schweine wurde in hölzernen, selbst gebinderten 
Butten verabreicht. Die Rinder erhielten im Winter 
Heu mit Stroh (am besten Haferstroh), beides kurz 
geschnitten, damit die Tiere das Stroh nicht ausson- 
dern konnten. Das Schneiden des Futters erfolgte 
von Hand mit dem „Futterstock‘“ oder mit der hand- 
setriebenen ..Schneidmaschine‘‘. 
Melkanlagen gab es nicht. Die Kühe wurden mit der 
Hand gemolken. Für Geübte war dies kein Problem, 
für Ungeübte jedoch eine Qual, sowohl für die Kuh 
als auch für den Melker. Weil es keine Milchkühl- 
anlagen gab, musste die Milch im Sommer 
schnellstens verarbeitet werden.
	        
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