Volltext: Liebe und Leben - ein Schicksal nach Briefen [Folge 12]

Nr. 13 
Guten Morgen mein theures Weibchen! 
Wie Du so süß u. ruhig schläfst, schlafe nur noch, schlafe statt mir - wäre 
auch noch schläfrig aber ich darf nicht mehr sonst verschlafe ich mich. 
Ach gelt, wie gut das Schlafen! Ich schlafe jetzt jetzt so tief u. ununter- 
brochen, daß es ein Hochgenuß ist u. gar bei dem Gedanken, die gelieb- 
te Gattin ruht an meiner Seite! 
Mir geht es geradeso wie Dir, eine heimliche unsägliche Freude erfüllt 
mich u. dann packt mich wieder eine gegenstanslose Besorgnis u. Trau- 
rigkeit; das wird woh das Glück sein - es ist auch das Glück! Angela, An- 
gela es zittert Alles in mir, wenn ich daran denke, daß eben jetzt die 
Brennprobe vor sich geht, daß riesige Lager von 
Dolomit so nahe bei den Ringöfen sind, als es überhaupt Felsen gibt, die 
kürzeste Linie von Vösendorf zu dem nächsten Felsen trifft schon Dolo- 
mit; bedenke, daß auch in Ofen unten der ganze Ofnerberg u. die nächs- 
te Umgebung dasselbe Gestein liefert - dann wird Dir klar sein, wie viel 
jetzt auf dem Spiele steht;unsere materielle Zukunft hängt davon ab, ach 
daß ich keinen eigentlichen engeren Freund habe in ganz Wien, der mir 
rathen könnte. Richard ist zwar ein guter Freund von mir, aber kein Nati- 
onalökonom u. spannt meine Hoffnungen zu hoch - ihm kann ich doch 
nicht glauben - es schwindelt mir davor. 
Ich muß recht ruhig und nüchtern rechnen u. konsequent durchführen; 
das Ganze ist nicht nur für uns von größter Wichtigkeit, sondern auch für 
die Zukunft des Bauwesens. Es ist das eine so fruchtbare Entdeckung, 
daß nicht ein Millionär, sonder mehrere daraus entstehen können. 
Und dabei drückt mich alleweil nieder das dumme Gefühl, daß gerade 
jetzt in diesen Tagen der Entscheidung Schmalhans gar so sehr Ku- 
chelmeister ist bei uns, u. das thut meine Flügel lähmen. Aber seien wir 
getrost mein Engelsweibchen, es muß sich baldig baldig wenden u. klä- 
ren. 
Wir werden beide einst lachen über unsere kleinen Geldkümmernisse, 
jetzt sind sie da, morgen oder übermorgen werden wir darüber lächeln. 
Wir werden unendlich glücklich sein, sind ja immer ein Herz und ein Sinn 
gewesen! Aber weißt du, was mir vorkommt! Du bist jetzt männlicher als 
ich, hast einen festeren Willen u. doch, nein es ist gut so. Du mußt mich 
aufstacheln, stählen, dann bin ich wieder der, so ich ehedem war. 
Seit Du meine traute Gattin bist, achte ich Dich doppelt - was doppelt - 
tausendmal höher u. es wird mir immer klarer, welch ein Kleinod Du ei- 
gentlich bist. Gelt, unendlich geliebtes Herz, meine theure theure Gattin, 
wir werden immer immer einander zu bessern zu veredlen u. zu kräftigen 
suchen; wir werden uns immer nur in zartester Liebe ‚ermahnen u. ZU- 
rechtweisen u. uns immerdar nur Liebe erweisen u. wenn ein Schatten
	        
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