Herwig Karzel
Superintendent
Zum Geleıt
Die Toleranzgemeinde Eferding schaut an ihrem Jubiläum auf
sine bemerkenswerte Geschichte zurück, die auch uns heute
verpflichtet. Persönlich denke ich gern zurück, daß ich auf der
‚ährlichen Besuchsreise mit den Konfirmanden nach dem
Diakoniewerk Gallneukirchen es nie versäumt habe, der
Jugend das gewaltige »Bethaus« von Eferding zu zeigen. Auch
im Emlinger Holz wurden wir still und gedachten des Bauern-
aufstandes von 1626, der so gräßlich zusammengeschlagen
wurde, sodaß über ungezählt viele Familien unsagbares Leid
hereinbrach. Trotzdem waren es die Bauern, die über fünf
Generationen im Geheimen den evangelischen Glauben be-
wahrt haben, sodaß unmittelbar nach dem Toleranzedikt die
Gemeinde gegründet werden konnte. Sie wußten, was der
Glaube an den lebendigen Herrn ihnen bedeutet.
Es ist nicht auszudenken, wie die Geschichte weiterverlaufen
wäre, wenn der Adel nicht gezwungen worden wäre — in Efer-
ding war es Erasmus von Starhemberg — um seines Glaubens
Willen auszuwandern. Ein Trostbrief Martin Luthers hat auf
dem Grabstein von Wolfgang II. dem letzten Schaunberg sicht-
bare Gestalt angenommen und ist so zu einem evangelischen
Bekenntnis geworden. Der Stein zeigt auf zwei Hälften viele
biblische Geschichten. Rechts das Leben unter dem Gesetz,
vom Sündenfall bis zur Errichtung der ehernen Schlange als
Vorbild für den Glauben, der sich auf den Erlöser am Kreuz
richtet. Denn Mose gibt das heilige Gesetz Gottes dem Volk.
Weil aber der Mensch es nicht halten kann, wird er vom Ver-
sucher und dem Tod in einen Höllenrachen getrieben. Wolf-
gang II. kniet und blickt andächtig auf die andere Seite. Dort
sieht man die Hirten auf dem Feld, wie sie das Evangelium von
der Geburt des Erlösers hören, und Jesus am Kreuz, das
»Lamm Gottes, welches der Welt Sünde trägt«, und den Auf-
erstandenen, den Gott erhöht und einen Namen gegeben hat,
der über alle Namen ist. Deshalb zertritt er das Haupt des
Teufels und des Todes. Wie es die evangelische Art verlangt,
stehen neben den Bildern markante Bibelworte. Der Lebens-
baum in der Mitte trägt auf der Seite des Evangeliums eine
Blätterpracht, während er auf der Seite des Gesetzes verdorrt
ist.
Möge die Gemeinde sich in diesen Festtagen wieder dankbar
bewußt werden, daß wir aus der Kraft des Evangeliums leben
und Verantwortung tragen.
Das wünscht von Herzen