Dr. Jen&it ging mit seinen Leuten gleich an die Arbeit,und zu Allerheiligen
waren bereits die Fenster mit präpariertem Papier abgedichtet. Mit Feuer-
wehrleitern wurde die höchste Fensternische erreicht.
Die Kirche machte einen eigentümlichen, düsteren Eindruck, dazu kam
der Gedanke, daß bald der Gifttod rettungslos alles Leben in den heiligen
Hallen vernichten wird; eine fieberhafte Spannung hatte sich aller bemäch-
tigt. Mit etwas bangen Gefühlen sahen wir dem 4. November 1929 entge-
gen, dem Tage, da das Gas im Gotteshaus ausgeschüttet werden sollte.
Aber entsprechende Sicherheitsmaßnahmen und Kundgebungen der Be-
hörden beruhigten bald wieder die Gemüter und als der Augenblick ge-
kommen war, daß die ungeheure Giftmenge inmitten menschlicher Be-
hausungen frei wurde, merkte man eigentlich nicht mehr viel von Aufre-
gung.
Rührend war, wie die Bewohner von Elz von ihrer Dorfkapelle die Hei-
ligen brachten in Rückenkörben, eine ernste Prozession damit auch ihre,
gewiß sehr wertvollen Statuen, mitvergast und repariert würden, Und dann
kamen sie mit wertvollen Kisten, alten Truhen, Uhren vom Markt und
von Bauernhäusern; die Kirche sah bald aus wie ein Museum.
Der Pfarrhof glich einem Hauptquartier, der Eingang gegen die Kirche
wurde abgesperrt, es blieb nur der Eingang von der Straße. Im Erdge-
schoß war die Wach-Stube für den verstärkten Gendarmerieposten, die
Apotheke, Gasmasken hingen bereit für alle Fälle. Im ersten Stock waltete
der Chemiker seines Amtes, der den Gasdruck zu messen hatte.
Auch manche heitere Episode gäbe es zu berichten. Man wollte Gasge-
ruch wahrgenommen haben und es war doch nur der intensive Geruch des
nahen Kohlenmeilers; sogar „Üblichkeiten‘“ schrieb man dem Gas zu. In
Nachbarorten witzelte man, daß in Kefermarkt alles mit Gasmasken her-
umlaufe.
Die Gottesdienste waren am Sonntag auf freiem Platze, an Wochentagen
in der Schloßkapelle zu Weinberg.
Sehr dankbar waren wir den „Vergasern‘, daß sie die Turm-Uhr in Gang
hielten, und so wenigstens die Glockenzeichen ertönten. Ausgerechnet
in der ersten Nacht brach der Perpendikel der Turmuhr, konnte aber gleich
wieder instand gesetzt werden. Einige Herren mit dem Leiter der ganzen
Arbeiten, Regierungsrat Dr. Oberwalder, blieben die ganze Zeit über in
Kefermarkt und beobachteten, machten Holzproben, an denen das Ab-
sterben des Wurmes beobachtet wurde.
Ebenso glatt wie die Vergasung ging auch die Entgasung am achten Tage
vor sich. Unter den ersten Kirchenbesuchern war eine Henne, die gemütlich
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