stellen zu erforschen, um damit wie bei einem Mosaik Stein-
chen für Steinchen zu einem Gesamtbild der Evolution der
Fische zusammenzutragen. In Wallern wurden Fischreste aus
einer Zeit zwischen Alttertiär und Jungtertiär entdeckt, die bis-
her noch nicht bekannt waren und die bei vielen Arten morpho-
logische Veränderungen gegenüber den älteren und jüngeren
nächstverwandten Arten aufweisen.
Die Bergung der Fischreste von Wallern erfordert eine speziel-
'e Methode, da man keine vollständig erhaltenen Fische findet,
sondern nur winzige Zähnchen und Knöchelchen von ca.
0,3 mm bis 10 mm Größe. Derartig kleine Fossilien kann man
Nicht unmittelbar am Fundort erkennen und aufsammeln. Der
Schlier wurde daher in Säcke abgefüllt und im Labor des Insti-
tuts für Paläontologie der Universität München aufbereitet.
Nach sorgfältigem Trocknen der Proben wurden diese in
großen Wannen mit Wasserstoffperoxid vollständig aufge-
weicht und dann der feine Schlamm mit Wasser durch Siebe
unterschiedlicher Maschenweite gewaschen. Dieser Vor-
Jang, das sog. Schlämmen des Sediments, ist die Voraus-
setzung dafür, daß auch kleinste und fragilste Teilchen unbe-
schädigt aus dem Gestein herausgelöst werden. Von 1 m}
Erde bleiben ca. 10 kg Rückstand übrig, der in konzentrierter
Form die gesuchten Fossilien enthält. Nach dem Trocknen der
Rückstände können diese unter einem Stereomikroskop bei
za. 20-facher Vergrößerung ausgelesen werden.
Jetzt erst kann die eigentliche Bearbeitung beginnen. Im Vor-
dergrund steht die Bestimmung. Sie ist sehr schwierig, zeitauf-
wendig und erfordert langjährige Erfahrung. Viele der in
Wallern gefundenen Formen sind noch niemals beschrieben
und abgebildet worden. Ihre Zuordnung kann nur’durch Ver-
gleich mit den nächstverwandten heute lebenden Arten erfol-
gen, die aber wiederum auch nur sehr unvollständig bekannt
und meist nur unter großem Aufwand zu beschaffen und selbst
zu untersuchen sind. Die Zähne als funktionsmorphologisch
sehr wichtige Teile des Gesamtorganismus erlauben bei
Fischen, wie bei Säugetieren, ein sicheres Erkennen der Art.
Winzige Details an Krone und Wurzel müssen untersucht
werden, was heute dank der optischen Möglichkeiten des
Elektronenmikroskops zwar kein technisches Problem mehr
ist, aber viel Sorgfalt und Geduld verlangt. Für die Auswertung
werden dann Zeichnungen und Fotografien hergestellt und
schließlich kann eine Art nach Vergleich mit allen existieren-
den lebenden und fossilen verwandten Arten endlich be-
schrieben werden.
Die Abb. 1 zeigt, wie z. B. die Zuordnung versteinerter Zähne
von Rochen aus Wallern durch Vergleich mit verwandten
heute lebenden Arten erfolgen kann. Die linke Seite zeigt oben
ainen Ausschnitt aus dem Gebiß eines männlichen Rochens
der Gattung Raja aus dem Mittelmeer, darunter einen entspre-
chenden Ausschnitt eines weiblichen Tieres. Rechts daneben
oben zwei männliche, unten zwei weibliche fossile Zähne
eines Rochens derselben Gattung aus dem Schlier von
Wallern. Trotz einer 20 Millionen Jahre dauernden Entwick-
lung wurde bei diesen Rochen der allgemeine Zahnbau und
sogar der Unterschied beider Geschlechter beibehalten und
spiegelt so eine sicherlich unveränderte Nahrungsaufnahme
und Lebensweise wider. Winzige, nur für den Spezialisten
wahrnehmbare Detailmerkmale zeigen dennoch, daß die
fossile Art sich bereits von der nur ca. 1 Million Jahre jüngeren
nächstverwandten Art unterscheidet und ein bisher noch völlig
unbekanntes Entwicklungsstadium repräsentiert.
Die Bearbeitung der Funde von Wallern ist noch nicht abge-
schlossen, aber es läßt sich schon jetzt recht gut der Biotop
des Horizonts von Wallern rekonstruieren. Überwiegend
wurden Reste von Tiefwasserfischen gefunden, deren nächst-
verwandte heute lebende Arten in Meerestiefen von ca. 400 —
800 m anzutreffen sind. Daneben liegen aber auch Zähne von
Tieren vor, die im offenen Meer und in nicht allzugroßer Ent-
fernung von der Küste leben und damit auf einen nahen Strand
hinweisen. Die Ablagerung des Schliers erfolgte aber im Hori-
zont von Wallern sicher im tieferen Wasser, da alle Fossilien
von Flachwasserformen durch einen längeren Transportweg
deutlich abgerollt erscheinen, während alle Tiefwasserformen
hervorragend erhalten sind.
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Abb. 2: Ohrknochen (Otolith) einer fossilen Leuchtsardine
(30-fach vergrößert)