Volltext: Malerisches Allerlei. Zweiter Band. (Zweiter Band / 1845)

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ihm unberührt gelassen; nur fuͤnf, aber noch gruͤnende Stuͤcke, sind 
stehen geblieben und bezeichnen den Umfang des alten Baumes, des— 
sen Maß 162 par. Fuß betragen haben soll. Grüner Rasen sproßt 
auf dem Boden der Hoͤhlung, wo ehedem eine Huͤtte stand, zur Auf— 
nahme der Reisenden. Doch nicht einzig steht dieses Wunder der 
Natur; denn Reisende versichern, daß noch viele andere Kastanien— 
baͤume des Etna sich durch ihre ungeheuere Dicke auszeichnen, ja, 
daß viele noch merkwuͤrdiger sind als jener Centocavalli. — Ueber 
jenem gruͤnen Guͤrtel beginnt die Schneeregion, eine nackte, wüͤste 
und selbst im Sommer größtentheils mit Schnee und Eis bedeckte 
Gegend. Nur an dem untern Rande findet man noch dürftig wach— 
sende Pflanzen, aber weiter hinauf erblickt das Auge, bis auf we— 
nige von Lava-Asche und schwarzem Sand bedeckte Strecken, nichts 
als Schnee und Eis. 
Der Krater des Etna, aus dem ununterbrochen die Daͤmpfe 
emporwirbeln, hat einen Umfang von etwa 500 Schritten. Die in— 
nern Wände fand Spallanzani fast senkrecht und eine halbe itali— 
enische Meile tief. Auf dem Boden des Abgrundes beobachtete er 
ein rundes Loch von fuͤnf Ruthen im Durchmesser, aus dem sich 
dicke Schwefeldampfwolken erhoben und wo sich von Zeit zu Zeit in 
der Tiefe eine flüssige glühende Masse von blutrother Farbe zeigte. 
Die innern Wände des Kraters so wie des Bodens, waren mit 
orangefarbenen Streifen von Salmiak und Schwefel überzogen. 
Graß sagt in seiner „sicilianischen Reise“: „Wer dieses Bild ge— 
sehen hat, sah einen Theil von Dante's Hölle. Es laßt sich nichts 
denken, das eine Wohnung des Entsetzens anschaulicher versinnlichte, 
als dieser Abgrund, der die tief liegende, unerforschte und unerforsch— 
liche Werkstatt des zerstorendsten aller Elemente verkündigt. Wer be— 
schreibt das Gefühl, von dem man ergriffen wird? Der Mensch 
steht hier mit beengendem Ohnmachtsgefuͤhl vor dem unuͤberwinblich— 
sten Non plus ultra seiner Kraft.“ 
Ueber die Ausbrüche des Etna vor der christlichen Zeitrechnung 
haben wir sehr unbestimmte Nachrichten, erst nach Christi Geburt 
ind sie genauer und sicherr. Vom Jahre 40 n. Chr. G. an gerech— 
net, belaufen sich die Ausbrüche auf mehr als sechzig, und die von 
1160 bis 1169, welche fast ohne Unterbrechung fortdauerten und 
oon fürchterlichen Erdbeben begleitet waren, gehören unstreitig zu den 
heftigsten. In der Stadt Catania wurden dabei eine Menge Ge—⸗ 
»äͤude zerstoöͤrt und 15216,000 Menschen verloren ihr Leben. Un— 
geheure Massen von glühender Asche warf der Berg 1329 aus. 
Die ganze Umgegend wurde bedeckt von dieser Asche, die selbst bis 
nach der benachbarten Insel Malta flog. Bei dem Ausbruche im 
Jahre 1755 brach ein großer Wasserstrom aus dem Schlunde des 
Berges hervor, floß den Berg hinab und erhielt an manchen Orten 
eine Breite von anderthalb italienischen Meilen und darüber. Das 
Wasser war salzig und heiß, bedeckte manche alte Lavastrecken mit 
Sand, den es mit sich führte, überschwemmte Felder und Wege und 
richtete ungeheuere Verwüstungen an. Diesem Wasserstrome folgten 
bald die Ausbrüche des Feuers, und der Lavastrom, der sich tief un— 
ter dem Krater eine neue Oeffnung machte, floß als ein ungeheurer 
Feuerstrom, 600 Fuß breit, herab. Bei dem Ausbruche des Jahres 
1787 stiegen viele Feuersaͤulen zugleich empor und später schien der 
ganze Gipfel eine ungeheure glühende Masse geworden zu sein. Die 
Höhe der zwei größten der Feuersäulen schätzte man auf zwei itali— 
enische Meilen und die ganze ausgeworfene Masse vulkanischer Er—⸗ 
zeugnisse giebt man nach angestellter ungefährer Berechnung zu 
6,218,661,276 Kubikfuß an. Bei dem Ausbruche 1819 war die 
Stadt Catania wieder in großer Gefahr. Ein günstiger Wind be— 
freite sie jedoch von dem furchtbaren Aschenregen, und der 2/3 Mei⸗
	        
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