Volltext: Die Mannschaft 2. Band (2. Band / 1937)

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Augenblick, der schlechteste Soldat des ganzen Regiments und wahrschein 
lich der Brigade und der Division dazu. 
Er war nicht lange glücklich. Als wir am Abend im Ruheort, einem 
der üblichen verdreckten und mehr als kümmerlichen panjedörfer ankamen 
und zur Verteilung auf die (Quartierhäuser angetreten dastanden, schau 
kelte er auf der Feldküche herbei und sah sich heiter im Lreise um.' 
plötzlich ertönte die durchdringende Stimme des etatsmäßigen Feld 
webels: „Geyer!" Mit dem Ausdruck eines schwer gekränkten Rindes sprang 
er von seinem nahrhaften Sitz herunter und lief mit schlenkrigen Beinen 
aus den Feldwebel zu. 
Dieser Feldwebel war eine von jenen traurigen Ausnahme-Existenzen, deren 
schlechte Eigenschaften durch den Zufall eines sicheren und guten Postens 
— „Druckposten" — nur befördert werden und schließlich den ganzen Men 
schen ergreifen. Nach den Vorgesetzten schielend, von denen er abhängig 
war, suchte er sich unentbehrlich zu machen und war allen Untergebenen 
gegenüber launenhaft und rücksichtslos. Wo er strafen konnte, tat er es 
gern, und niemand in der Lompagnie wird das schadenfreudige Lächeln 
vergessen können, das die Anordnungen begleitete, die unangenehm waren. 
Geyer stand vor ihm in einer grotesken Haltung, die soldatische Straff 
heit ausdrücken sollte. Die Arme waren in übertriebenstem Maße an 
gewinkelt wie die Henkel einer Raffeekanne, die Füße standen unter ver 
schobenen Lniescheiben fast in grader Linie und der Ropf war statt mit 
dem Rinn an die Halsbinde mit dem Rinn in die Luft erhoben. Er sah 
aus wie ein Sterngucker von Spitzweg, die gemütsüberschwemmte Rari- 
katur eines Soldaten im Biedermeierstil. 
Der Feldwebel ließ ihn eine ganze weile so stehen, damit sich alles an 
diesem Augenblick weiden konnte. Er bereitete das, was jetzt folgte, beinahe 
künstlerisch vor. Und Geyer stand wie eine verdrehte Gipsfigur unbeweg 
lich vor ihm. 
Ls mochte sein, daß es den andern so ging wie mir, daß sie ein tiefes 
und kaum bewußtes Mitgefühl mit diesem unmöglichen Soldaten über-
	        
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