Volltext: Die Mannschaft 2. Band (2. Band / 1937)

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Hallo gab — von oben bis unten, einem wandelnden Panoptikum gleich, 
bläulich tätowiert. Als Soldat war er „gelernter Kavallerist", d. h. er 
hatte drei Jahre und vielleicht auch mehr aktiv gedient. Als mit dem be 
ginnenden Stellungskampf auch an der Ostfront ein großer Teil der 
Kavallerie hatte absitzen und die Pferde abgeben müssen, war er mit so 
vielen seiner Waffenkameraden in die Gräben der Infanterie gewandert. 
Gefallen hatte ihm dieser Wechsel nicht, er ließ ihn die „alten Säcke von 
der Infanterie" mit bitterem Hochmut fühlen. Aber sonst hatte dieses 
unrühmliche Reiterlos seine stets gute Laune anscheinend in keiner weise 
beeinträchtigt; auch später ist mir selten ein Mensch begegnet, der wie er 
in jeder Lebenslage guten Mutes war und immer einen Ausweg wußte. 
Schon während seiner aktiven Dienstzeit soll Emil mit der Zahl der ab 
gesessenen Arresttage die Regimentsnummer erreicht haben, wie man sich 
erzählte. Der Etatsmäßige hatte jedenfalls stets ein besonders scharfes 
Auge auf ihn, seine Lorporalschafts- und Zugführer aber schätzten ihn 
als standhaften Feldsoldaten um so höher, und wir Jungen, wie gesagt, 
hingen an ihm. Er war unser aller Freund, der unser uneingeschränktes 
Vertrauen befaß, und er wäre für uns, im Ernst, der rechte Führer 
gewesen. 
Der Weltkrieg ging unterdes weiter. In der MG.-Kompagnie unter 
ziemlich gleichaltrigen und im Temperament verwandten Kameraden 
waren auch wir späten Freiwilligen schlecht und recht gute Frontsoldaten 
geworden, was besagen will: wir hatten eingesehen, daß Gelegenheiten 
zu Heldentaten nicht auf persönliche Bestellung geliefert werden, daß das 
bunte Phantasiealbum der eigenen wünsche in einem Weltkrieg nichts 
und der graue, schmerzhaft eiserne Rahmen der Pflicht 
erfüllung schlechthin alles bedeutet. Wir lernten, das gelieferte Kom 
mißbrot von vornherein auf seine Tage einzuteilen und mit unsern 
schweren Maschinengewehren der Infanterie in Notfällen die immer 
noch häufig ausbleibende artilleristische Unterstützung einigermaßen zu 
ersetzen. So wurden aus übermütigen Studenten und Seminaristen bei 
nahe ernsthafte Krieger. Ich sage mit Absicht: beinahe. Denn über alle
	        
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