Volltext: Die Zweierschützen im Weltkrieg 1914 - 1918 2. Heft (2. Heft / 1931)

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hohen senkrechten Felswand entlang führt und in den 
alten Weg einmündet. Dieser Weg führt vorbei an «den 
auf massiven Stützmauern ruhenden Unterkünften eines 
Neservezuges der 2. Kompagnie, der gegenwärtig an 
der Herstellung des Weges arbeitet und dessen Aufgabe 
im Winter seine Erhaltung sein wird. Kommandant 
dieser Abteilung und Bauleiter ist Fähnrich Wagner, 
dem unsere Stellung manche Wege und Verteidigungs 
anlagen zu danken hat. 
Dev Weg führt von der Rückfallskuppe zur Hütte 
des Bataillons-Kommandanten Major Krauß. Hier 
herrscht rege Bautätigkeit. Ein Bataillons-Hilfsplatz 
ist im Bau, daneben wird ein Blockhaus für einen 
Halbzug (Bataillonsreserve) gebaut. Da der Stand 
punkt des Bataillonskommandos den Graben flan 
kierend beherrscht, tst die Stellung dieses Halbzuges 
eine günstige Flankierunganlage, die im Falle eines 
Durchbruches den Gegner aufzuhalten hat. In diesem 
Falle würde auch der Zug unterhalb Kote 1288 flan 
kierend eingreifen. 
Oberhalb des Bataillonskommandos teilt sich der 
Weg und führt rechts ''in die Mulde zwischen Lipnik 
und Kote 1776, links in Serpentinen zur Felsenburg 
auf dem Teufelsfelsen empor. Eine Beschreibung der 
beiden Abschnitte möge den Ausbau derselben zeigen. 
Stellung Buresch und Neumann. 
Von der Brücke zwischen Vrsie und Teufelsfelsen 
streicht, wie schon erwähnt, eine Schutthalde im Winkel 
von 30 Grad herab und steigt sanft an gegen die Mulde 
zwischen Lipnik und 1776. Hier ist dem Gegner der 
Weg zum Angriffe auf das erste große Einfallstor 
unserer Stellung gegeben. Die Stellungen der Kom 
pagnie Buresch mußten -also derart angelegt werden, 
daß sie nicht nur im Verein mit der Kompagnie Neu 
mann das Tal sperren, sondern auch die Brücke und 
die Hänge des Vrsie bestreichen können. 
Wer vom Regimentkommando zu diesen Stellungen 
empor steigt, der wird Zeuge eines seltsamen Kontra 
stes. Dort unten regengrauer und dennoch buntfär- 
biger Spätherbst, hier oben tiefer, weißer nebelumspon 
nener Winter. Die ganze Talmulde ist ein riesiges 
Felsenlabyrinth. In welchen Linien liegt ein Schnee 
mantel über den schroff zerrissenen Formen, Schnee 
leuchtet aus den roten Wäldern am Berghange, 
Schnee in unermeßlicher Fülle, dehnt sich in das Grau 
der Nebel hinein, die dichter und dichter sinken. Da 
leuchtet ein Lichtlein rosig aus dem Nebel, bei der 
nächsten Wegbiegung taucht ein zweites, drittes, viel 
tes auf und ein gellender Juchzer verfolgt von der 
Meute des vielstimmigen Echo, springt von den Wän 
den nieder. Wir sind im Lager. 
Das Lager ist gedeckt in einen Felswinkel des Lip- 
nikhanges hinein gebaut. Es besteht aus 11 Hütten, 
zwei Küchen und einem Verpflegsdepot. Von hier aus 
gelangt man auf einem vollkommen gedeckten Wege 
in die Muldenstellung. Ihr rechter Flügel ist vom er 
sten und zweiten Zug bezogen, den linken Flügel, des 
sen Deckungen sich jenseits der Mulde hinter einer hoch 
getürmten Felswand verbergen, hält der 3. und 4. Zug 
besetzt. Die Muldenstellung ist geschützt durch ein 
Drahtverhau von spanischen Reitern. Vor dem Draht 
verhau liegen Tretminen, zwischen dem Verhau und 
den Steinmauern der Kampfstellungen sind Fallschlin 
gen gelegt. Etwa 100 Schritte von dem rechten Flügel 
der Muldenstellung ist eine halbkreisförmige Deckung 
gebaut, «welche von der Feldwache 6 bei Nacht und 
Nebel bezogen wird. 
Die Höhenstellung erhebt sich über die Mulde, wie 
das Vorwerk einer Burg. Senkrecht streben die Fel 
sen auf, senkrecht stürzen sie über den Vrsie wieder ab, 
auf den Höhen mehrere etagenförmig übereinander 
liegende Plattformen bildend. Hier liegen in immer 
überhöhenden Stellungen vier Feldwachen. Die Feld 
wache 4 liegt auf einer Terrasse am Süostabhange 
des Felsens. Hiev sind wie Schwalbennester drei Bal 
köne aus Sandsackmauern als Deckungen für die Ve- 
detten in die Felsen hineingebaut. Hinter den Felsen 
birgt sich in einem liefen Loche ein granatsicherer, 
heizbarer Unterstand. Von hier aus führt ein schmaler, 
gefährlicher und vollkommen eingesehener Weg zur 
Feldwache 3 empor, die indes sicherer vom Lager zu 
erreichen ist. 
Der Weg, der vom Lager zur Höhenstellung führt, 
ist von phantastischer Kühnheit und erinnert an eine 
Freischützszenerie. An einem senkrechten Fels führen 
Leitern empor und plötzlich steht man vor einer Fels- 
höhle. In sie hinein fügt sich eine Bretterhütte, das 
Heim des Fähnrichs Wagner, des Erbauers des Fels 
weges, der Höhenstellung und der künftigen Winter- 
stellung. Von der Höhle führt ein schmaler Weg an 
der Wand vorbei zu einem Plateau, auf dem der fünfte 
Zug in drei Hütten seine Reservestellung hatte. Bon 
hier blickt man empor zur Feldwache 3, die gedeckt 
auf einem hochgelegenen Plateau postiert ist. Schwin 
delnd steil steigt ein Leiterweg etwa 30 Mter hoch 
empor. Noch ein paar Meter höher gelangt man wie 
der über eine Leiter zum höchsten Plateau der Fels 
gruppe. Hier wurde ein Tagesstandpunkt ausgebaut, 
der jedoch nur im Falle eines Alarmes bezogen wird. 
Eine Sandsackmauer baut diese unbezwingliche Höhe 
wie das Plateau eines Wartturmes aus. Von hier aus 
beherrscht man die Mulde und das Tal zwischen Vrsie 
und Lipnik, bestreicht den Kamm und die Hänge des 
Vrsie und kann selbst in einen Kampf der 2'1er flan 
kierend eingreifen. Von hier aus übersieht man die 
ganze Muldenstellung und die tiefer liegenden Feld 
wachen 5 und 4 und blickt hinauf zu den Feldwachen 
2 und 1, welche auf noch höheren Kuppen des Lipnik- 
hanges liegen. Wie hier geschildert, stellte sich die
	        
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