Volltext: Die Zweierschützen im Weltkrieg 1914 - 1918 [H. 1] ([H. 1] / 1929)

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Aber während am 28. Juli England, Frankreich, Belgien, Rußland, Serbien alle zum Kriege bereit waren 
und Rußland, Serbien und Frankreich sich unter vertraglichem Kontrakt befanden, Deutschland und Österreich anzu 
greifen, kreuzte Wilhelm II., der von der alliierten Propaganda als das Ungeheuer gemalt wurde, das die Kriegs 
hunde von der Kette los ließ, ahnungslos in den nördlichen Gewässern der Ostsee. Er kam am Sonntag, den 26. Juli 
zurück und begann seine rasenden, aber nutzlosen Bitten für den europäischen Frieden. 
Jedoch der Krieg war schon im Gange, Rußlands Vorbereitungen für die allgemeine Mobilmachung war in 
die Wege geleitet. Als am 31. Juli den militärischen Führern Deutschlands klar wiirde, daß die russische Mobil 
machung das Reich auf ernsteste Weise bedrohe, verlangten sie das Eingreifen des Kaisers. Unter diesem Druck forderte 
Wilhelm II. Einstellung der russischen Mobilmachuiig bis zum Mittag des nächsten Tages. Da der Kaiser keine Ant 
wort erhielt und Rußlauds Handlungen keinen Zweifel mehr übrig ließen, erklärte am Samstag den 1. August um 
7 Uhr morgens auch er, daß der Kriegszustand zwischen Rußland und Deutschland bestehe. Dieser offizielle Kriegs- 
zilstand war durch die Tatsachen voll gerechtfertigt. Aber Deutschland, das sofort zu Wasser und zu Lande blockiert 
war, wurde nun durch die alliierte Propaganda der ganzen Menschheit so hingestellt, als hätte seine Regierung ben 
Weltkrieg geplant und begonnen, um die Weltherrschaft zu erringen. Und die Welt hat zum großen Teil diese unge 
heuerliche Umkehrung der Wahrheit geglaubt. 
Aber Wahrheitsliebe ist das höchste Gut der menschlichen Natur, und im Laufe der Zeit wird die Wahrheit 
festgestellt werden. 
Es kam zur dritten und größten Abwehr gegen den diesmal von Westeuropa herbeigerufenen Osten. 
Rußland schwang die lodernde Fackel, die die Welt in Brand 
stecken sollte. Der Friede lag im Sterben. Den langen, fast ganz 
offenen Grenzen Österreich-Ungarns und Deutschlands näherten sich 
die Armeen des Zaren, als Werkzeug Westeuropas Kultur, zur Ver 
nichtung der Mächte Mitteleuropas. Das größte Militärlager der Welt 
in Russischpolen öffnete seine Tore gegen die Zentralmächte. Das 
Heranrollen der Heere Rußlands riß nun auch der verbündeten Republik 
im Westen gegen Deutschland das Schwert aus der Scheide. Weit 
greifende militärische Maßnahmen Frankreichs bedrohten Deutschlands 
Lebensnerv in den Rheinlanden. Und Deutschland stand vor einem: 
Hic Rhodus! Hic Salta! Und während die englischen Staats 
männer sich in die dichten Wolken der Geheimniskrämerei hüllten, 
konnte man aus der englischen Presse erfahren, was eigentlich vor 
ging. Am Distelstrauche der englischen Diplomatie konnten für Deutsch 
land keine Rosen blühen. Die Marokkokrise im Jahre 1911 und die 
Algeciraskonferenz lehrten es die Welt schon lange. Als am 31. Juli 
1914 der deutsche Kaiser sein blankes Schwert in die Wagschale warf 
und von Rußland binnen zwölf Stunden die Einstellung der Kriegs 
vorbereitungen forderte, kam keine Antwort mehr. Der Friedensengel 
war in den gedungenen Mörderhänden verröchelt. Der Krieg war schon 
gewollt bei der Ablehnung der Forderungen Österreich-Ungarns durch 
Serbien; schon seit langem; Krieg um jeden Preis. 
Und so wurden durch den imperialistischen Herrschaftswahn 
der Westmächte mit Hilfe des zarischeu Despotismus vom Ural bis 
zum Westkap Irlands gegen die verbündeten Kaiserreiche unzählbare 
Heeresmassen in Bewegung gesetzt. 
In den ersten Augusttagen 1914 war der Friede zusammen 
gebrochen und der lähmende Druck den vollendeten Tatsachen ge 
wichen, der allseitige, tatsächliche Zwang zur Selbstverteidigung 
drückte nun auch Deutschland, wie tags vorher Österreich-Ungarn, 
das Schwert in die Hand. 
Am 1. August 1914 mußte Kaiser Wilhelm II. die Mobilmachung der gesamten deutschen Streit- 
kräfte anordnen und erklärte Rußland den Krieg.
	        
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