Wallners dichterisches Schaffen begann zu jener Zeit, als die
) „Heimatdichtung" bewußt der „Großstadtdichtung" sich entgegen-
stellte. Beide Richtungen waren in natürlicher Entwicklung aus der
Wirklichkeitsdichtung hervorgegangen. Je treuer sich die Dichter an das wirkliche
Leben zu halten suchten, desto wertvoller mußte ihnen die Heimat werden, in
der sie wurzelten. Die Heimat gab ihnen eine unendliche Fülle von Gestalten
und ein, in gewissem Sinne zwar beschränktes, aber seelisch reiches, noch ur
sprünglich quellendes Leben. Wenn man sich hie und da gegen die Heimatkunst
gewendet hat, so hatte man eben die Forderung ihrer Vorkämpfer mißverstan
den. Es handelte sich durchaus nicht darum, eine Art bosnischer oder slowa
kischer Hausindustrie in Provinzliteratur zu gründen. Die Heimatkünstler
hatten das richtige Empfinden, daß die bloß akademische Kunst keine Wurzeln
habe, die in das Erdreich eingreifen, daß dem echten, fruchtbaren Dichter die
herrlichste Kraft schöpferischer Eingebung nur darum verliehen wird, weil er
selber ein in der Scholle der Heimat wurzelndes Wesen ist. Die Forderung
der Heimatkunst war die Kriegserklärung gegen den blaß und blutarm ge
wordenen Nachklassizismus.
Es ist nicht zu verwundern, daß dieser Emporhebung der „Heimatkunst",
insbesondere der „Heimatdichtung" mit ihren Forderungen in den deutschen
Ländern Oesterreichs starken Widerhall fand. Bestand doch in jenen Pro
vinzen seit langem eine reiche bodenständige Literatur und gerade Ober
österreich, dessen Menschenschlag von altersher so reich ist an volkstümlich
dichterischen Begabungen, kann sich rühmen, dem deutschen Volke in Stelz-
hamer einen der größten Meister heimatlicher Dichtung geschenkt zu haben.
Dennoch hatte das Schlagwort neue, lebendig wirkende Kraft. Denn es
rüttelte auf, lehrte das Falsche vom Echten scheiden, weckte allenthalben die
Erkenntnis, daß es höchste Kulturarbeit sei, im Sinne der Heimat zu wirken,
sammelte die Geister zu gemeinsamem Ziele und forderte, was vor allem
von Bedeutung ist, Echtheit und Wurzelhaftigkeit alles künstlerischen Schaf
fens. In den Hauptstädten der Provinz gab es nun Zeitschriften zu gemein
samer Arbeit, es wurden heimatliche Verlagsanstalten gegründet, welche die
Werke der jungen Dichter herausbrachten. Ueberall rührte und regte es sich.
Diese Gründungen bestehen heute nur noch zum Teile, die Schaffenden haben
sich zerstreut und sind zum großen Teile in die Großstadtliteratur, im weite
sten Sinne des Wortes, übergegangen. Unter denen aber, die ihrer Heimat
in unwandelbarer Treue ergeben blieben, die nur in ihr und für sie schaffen,
weil sie im tiefsten Wesen in ihr verwurzelt sind, ragt weithin sichbar eine
Dichterin empor, Susi Wallner.
In ihr ist erfüllt, was der Sinn der Heimatdichtung war: schaffen aus dem
reichen Seelenborne des zugehörigen Volksstammes und derart gestalten,
daß sich die Schöpfung würdig einfügt in das große geistige Kulturgut des
deutschen Volkes. Ihre große Begabung, die sich von Anfang an sichtbar
machte, hat sich bis heute nicht erschöpft. Seit mehr als 30 Jahren schildert