Volltext: Oberösterreichische Bauerngeschichten. Erstes Bändchen (Erstes Bändchen / 1858)

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„Du hast nicht Unrecht, Vater!" sagte die eben 
herzugetretene Tochter Martins; „seit ich Deinem Rathe 
folge, fühle ich mich viel leichter, frischer, freier im 
Kopfe und habe keine Ohrenschmerzen mehr." 
„Siehst Du! — solltens Alle thun. Aber da 
hüllen sie sich ein in neun Häute, wie eine Zwiebel, 
und wenn sie sich dann ausschälen, verursacht ihnen 
der leiseste Luftzug allerlei Zustände. — Die Füße 
warm und den Kopf kühl! so sagt schon eine uralte 
Gesundheitsregel; ich habe sie oft erprobt." — Er 
hatte Recht! 
„Geh' geh'!" sagte die Bäuerin verdrießlich; „Du 
willst mit Deinem Kopfe allein auf einmal die ganze 
Welt nmkebren. Wir habcn's ja schon erlebt, was 
Deine kostspieligen Neuerungen taugen." — Da hatte 
die Bäuerin wieder Recht; denn es war auch mit dem 
Leitengruber so, er hatte eine entsetzliche Reuerungssucht! 
Das hätte am Ende auch nichts gethan, wenn 
der Martin nur den schonen Spruch nicht außer Acht 
gelassen härte, der da sagt: „Prüfet Alles und 
das Beste behaltet!" 
Es ist wahr! der Leitengruber war Bauer in 
der schönsten, umfangreichsten Bedeutung des Wortes, 
und so interessirte ihn Alles, was da Neues auf dem 
Gebiete der Landwirthschaft zur Verbesserung oder He 
bung irgend eines Zweiges derselben auftauchte. 
Kaum hatte ihm von irgend einen Versuch, etwa 
mit dem Anbau einer in Spanien neuentdeckten Pflanze, 
sein Kanzellar — das war der Gemeindeschreiber — 
aus den Zeitungsblättern, die er mit demselben hielt, 
vorgelesen, so hatte er eher keine Ruhe, bis er nicht 
davon ein Steck- oder Pfropfreis, einen Knollen, eine 
Zwiebel oder einige Samenkörner erhalten.
	        
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