Volltext: Österreichs Paddelsport 1975 (1975)

Bergsteigen und Wildwasserfahren in 
M&m 
KAJAK-ABENTEUER IM HIMALAYA 
Bericht von Otto Huber, München 
Seit Stunden harrten etwa zwei- bis dreihundert Menschen in 
Tarkurkat geduldig auf das große Ereignis. Die Kinder hatten 
schulfrei bekommen. Dichtgedrängt wartete die Menge auf der 
schwankenden Hängebrücke, ungeachtet der lebensgefährlichen 
Überbelastung, bei der jedem Statiker die Haare zu Berge ge- 
gestanden wären. Offensichtlich handelte es sich um die größte 
Sensation, die das kleine Dorf am Fuße des 8122 Meter hohen 
Manaslu je erlebt hatte. Die Sensation waren wir: 15 Kajak¬ 
fahrer, die mit bunten Kunststoffbooten auf dem grünen Wasser 
des Marsyandi-River dahinpaddelten. 
Die Bergbewohner Nepals können nicht schwimmen. Für sie 
bedeuten die reißenden Flüsse des Himalaya eine todbringende 
Gefahr. Kein Wunder also, daß uns der Dorfschullehrer von 
Tarkurkat mit der vorwurfsvollen Frage empfing: „Why do 
you do this...?“ Er hielt uns wahrscheinlich für potentielle 
Selbstmörder. 
Ein Wagnis war es jedoch ohne Zweifel auch für das Münchner 
Spezialreisebüro Hauser Exkursion Internation, das als Veran¬ 
stalter mit dieser Art von „Aktiv-Urlaubs-Reise“ touristisches 
Neuland betrat. Im Frühjahr 1974 wurden erstmals Flüsse in 
Nepal erkundet und auf Befahrbarkeit für Kajaktouristen getestet. 
Nachdem ich bei diesen Erstbefahrungen mit dabei war, fiel mir 
auch gleich die mehr oder weniger dankbare Aufgabe zu, die 
erste Touristengruppe als Reiseleiter zu betreuen. 
15 unternehmungslustige Kajak-Touristen 
Am 16. November 1974 trifft sich die Mannschaft startbereit im 
Flughafengebäude München-Riem: 14 unternehmungslustige 
Kajakfahrer und eine mutige junge Dame, übrigens meine Frau, 
die den Ehrgeiz hat, als erste Kajakfahrerin im Himalaya in die 
Geschichte einzugehen. Daß Kajakfahrer Individualisten sind, 
zeigt sich bereits beim Check-in am Air-India-Schalter. Mit un¬ 
schuldiger Miene werden die phantastischesten Gepäckstücke 
— vom 40 Pfund schweren Kletterrucksack bis zur knapp einen 
Meter langen Packtasche — als „Handgepäck“ vorgezeigt. Im 
letzten Moment verschwindet ein Teilnehmer noch auf der 
Toilette, um den acht Pfund schweren Gummianzug unter seine 
sonstige Reisekleidung anzuziehen. 
Der zwölfstündige Flug im Jumbo-Jet nach Neu Delhi bietet 
dann ausreichend Gelegenheit, sich näher kennenzulernen. Der 
älteste Teilnehmer ist 48 und erfolgreicher Architekt. Der jüng¬ 
ste heißt Hubert, ist 25, Skirennläufer, Motocrossfahrer und 
von Beruf Kundendiensttechniker. Außerdem haben wir Juristen, 
Diplom-Ingenieure, Kaufleute, Physiker, einen Malermeister und 
einen Betriebsleiter-Stellvertreter aus Kirchdorf in Oberöster¬ 
reich dabei, der mit 43 Jahren der drittälteste Teilnehmer der 
Gruppe ist. 
Als Programmgestalter und Reiseleiter sehe ich schon nach 
den ersten Kontaktgesprächen schwere Zeiten auf mich zukom¬ 
men: Die Kajakspezialisten wollen eine rassige Wildwasser¬ 
strecke (möglichst Erstbefahrung!). Die Romantiker wünschen 
Flußstrecken mit Traumzeltplätzen, auf denen immer viel 
Holz zum Feuermachen liegt. Die Bergsteiger unter den Boot¬ 
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Österreichs Paddelsport, Nr. 1/2 1975
	        
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