In der grandiosen Schlucht...
Foto: A. Wolff
Eine der letzten noch möglichen Erstbefahrungen in unserem
Alpenbereich glückte einem kleinen Team des Alpinen Kajak-
Clubs. Im- Sarntal, das sich vom Penserjoch im Norden bis nach
Bozen zieht, fließt der Talver-Bach.
Im oberen Teil des Tales, das von der Ortschaft Sarntheim be¬
stimmt wird, hat der noch junge Bach den Charakter eines klei¬
nen Voralpenflusses. Unterhalb Sarntheim jedoch durchschneidet
er eine der eindrucksvollsten Schluchten Südtirols. Er durch¬
trennt ein Massiv aus braunrotem bizarr geformtem Gestein und
bildete im Lauf der Zeit eine tiefeingeschnittene, kaum zugäng¬
liche Klamm. Hier, im Hauptteil der Unternehmung, hat er auch
sein größtes Gefälle.
Das Vorhaben wurde gründlich vorbereitet: Kartenmaterial, Ex¬
kursionen und zeitliche Abstimmung schon vor zwei Jahren schu¬
fen die Voraussetzungen. Entscheidend jedoch war die Besetzung
des Teams und der Wasserstand. Eine längere Schmelzperiode
und hohe Tagestemperaturen schufen ein Optimum an Wasser¬
menge: Am 2. Mai 1975 liefen anfangs, also gegen Mittag, ca.
15 cbm und abends etwa 20 cbm, was etwa der Passer bei
Meran (ca. 50 cm Pegel) entspricht.
Eingesetzt wurde etwas unterhalb Sarntheim: Und sofort beginnt
ein scharfer Ritt. Blockstufen, gebildet durch geschliffene Rund¬
linge und große Sturzblöcke wechseln mit rasanten Schwall¬
strecken. Das Ufer ist noch bewachsen und Buschbestanden, als
das erste Kriterium auftaucht. Ein Felsdurchbruch, der den Flu߬
lauf scharf nach links ablenkt und dabei eine äußerst schwierige
Gefällestufe bildet. Niveaudifferenz ca. vier Meter.
Der Parcours setzt sich fort und kommt praktisch nicht unter
WW 4. Er erfordert höchste Wachsamkeit und schnellste Reak¬
tion. Nur wenige Kehrwasser erlauben ein kurzes Verhalten und
geben den Fahrern Gelegenheit zur Rochade. Nach einem Drittel
zwingt eine Passage zum Umtragen. Es ist eine Stufe mit hoher
Verklemmgefahr im Hauptwasser und die Nebenroute erscheint
durch die vorgelagerten Blockstufen kaum erreichbar. Bei einer
künftigen Befahrung, vor allem bei anderem Wasserstand, dürfte
diese Stelle, wie auch die zweite große Umtragestelle, zu lösen
sein.
Dann, nach nur kurzer Strecke, folgt in einer immer steiler wer¬
denden Biegung der „große Beutler“. Der Fluß fällt, aus einem
aufgefächerten Geröllschwall kommend, voll über einen Fels¬
riegel und bildet einen Toskessel, der den ersten Fahrer um¬
stülpte und zur Rolle zwang. Der zweite Akteur, mit zu kleinem
Boot unterwegs, wurde nicht nur umgedreht, sondern unter
Wasser im Loch gehalten und geschüttelt. Zwei Rollversuche
wurden vom Rücksog vereitelt und erst als sich der Fahrer mit
Die „dreifache Wandstufe"
Foto: A. Wolff
... und unter bizarren Wänden
Foto: A. Wolff
AKC München
Der Tnlner
Südtirols r
Wildbach
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Österreichs Paddelsport, Nr. 5 1975