Volltext: Österreichs Paddelsport 1960 (1960)

viel Wasser in die Donau fließen. Auch 
die Wachtürme sind genau so wie auf 
der Thaya nur in großen Abständen zu 
sehen, weil die eiserne Stacheldraht¬ 
wand nicht den zahlreichen Flußwin¬ 
dungen folgt und nur bei den wenigen 
tschechischen Ortschaften an den Fluß 
herankommt. Wenn Sie sich strikt am 
österreichischen Ufer halten, dürfen Sie 
dennoch nach der Fahrt den tschechi¬ 
schen Wimpel führen. Die Staatsgrenze 
folgt nämlich an mehreren Stellen dem 
regulierten Hauptarm. So gibt es rechts¬ 
seitig vom Hauptarm 5 kleine tsche¬ 
chische Enklaven und gerade so viele 
österreichische linksseitig. 
Auch auf der March begleiten uns die 
üppigen Auwälder. Innige Naturver- 
bundenheit und das Gefühl der Weite 
erfüllt das Herz. Etwas oberhalb vom 
Stromkilometer 60 mündet der künst¬ 
lich geschaffene „Zayaabzugsgraben'' 
während der Zayabach erst unterhalb 
von Drösing in die March mündet. Im 
Frühjahr nach der Schneeschmelze und 
nach stärkeren Regenfällen dürfte die 
Zaya ab Mistelbach befahrbar sein. 
Am linken Ufer gleitet der Blick zu den 
kleinen Karpathen, deren höchste Er¬ 
hebung 743 Meter beträgt. Endlich 
nach 36 Kilometer langer Fahrt wird 
der Augürtel unterbrochen. Dürnkrut 
liegt am Stromkilometer 45 und ist für 
uns Kanuten ein ideales Tagesziel; dies 
nicht nur, weil die March am österr. 
Ufer reguliert wurde und wir Paddler 
trockenen Fußes, über eine Stiege an 
Land gelangen! Dürnkruts Mauern be¬ 
herbergen einen rührigen Motorboot- 
Club. Wie mir ein Funktionär versi¬ 
cherte, sind wir Kanuten gern gesehene 
Gäste und können das Boot im vereins¬ 
eigenen Bootshaus einstellen! Motor¬ 
boote flitzen über die March und das 
Wasserskielaufen macht den Badenixen 
Spaß! Drüben sieht der tschechische 
Posten interessiert zu und löscht seinen 
Durst mit Coca Cola, made in Austria. 
Wiederum ein Beweis, daß trotz 
Stacheldraht die Brücken der Mensch¬ 
lichkeit nicht abgebrochen sind und 
eine Befahrung der March keine auf¬ 
regende Angelegenheit ist. 
In Stillfried lohnt es sich die Fahrt zu 
unterbrechen, denn es kann sich rüh¬ 
men schon seit Zeiten, die bis in An¬ 
fänge der Geschichte reichen, Menschen 
zu tragen. In der Schule von Stillfried 
können die im Löß der Mannersdorfer 
Ziegelei ausgegrabenen Knochen und 
Stoßzähne des Mammuts besichtigt 
werden. Von einem Rastplatz eiszeit¬ 
licher Jäger stammen einige Geräte — 
einfach zubehauene, mit Schneide und 
Spitze versehene Steine und eine aus 
einem Mammutknochen hergerichtete 
Keule. In Stillfried vor dem schlichten 
Dorfkirchlein war es, wo am 26. August 
1278 Rudolf von Habsburg mit seinen 
Kriegern den Segen des Herrn erflehte, 
bevor er sich anschickte gegen Ottokar 
von Böhmen zu Felde zu ziehen. Inte¬ 
ressant sind auch die Fluchtburgen aus 
Löß, in denen die Bauern ihre gesamte 
Habe sowie Frauen und Kinder vor 
Hussiten, Türken und Schweden ver¬ 
steckten. -% 
Schon lange liegt Angern (Stromkm. 30) 
hinter uns. Vorbei gleitet das Boot an 
einer slowakischen Ortschaft und 
stumm stehen die Menschen hinter dem 
Stachel draht und starren mich an. 
Hoffen wir, daß dieser Zaun des Mi߬ 
trauens bald einer unrühmlichen Ver¬ 
gangenheit gehört. . . 
Am rechten Ufer bei Stromkm. 20 
mündet ein romantischer Altarm in die 
March, den wir nicht befahren können, 
da es sich um eine tschechische En¬ 
klave handelt. 
Nach weiteren 5 Kilometern erreicht 
man Marchegg, welches seine Ent¬ 
stehung dem im Jahre 1260 erfochtenen 
Sieg des Böhmenkönigs Ottokars 
verdankt. Ottokar gründete zur Erin¬ 
nerung an diesen Sieg im Jahre 1268 
die Stadt. Drei mit Zugbrücken verse¬ 
hene Stadttore gaben Einlaß; heute ist 
nur mehr der Südturm am Wienertor 
erhalten. Es lohnt sich Schloß Marchegg 
— ein Juwel österreichischer Barock¬ 
architektur — in dessen Repräsenta¬ 
tionsräumen ein Jagdmuseum einge¬ 
richtet wurde, zu besuchen. 
Unterhalb der romantischen Eisen¬ 
bahnbrücke (Stromkm. 7) endet wohl 
für die meisten Paddler die Fahrt um 
zu den zwei Kilometer entfernten 
Bahnhof zu karren, da die Zugverbin- 
Die erste Seite des Heftes 9/10 unserer 
Zeitschrift „Österreichs Paddelsport“ 
schmückt ein schönes Bild der Pont 
d'Arc auf der Ardeche. In der Annahme, 
daß dieses Bild der herrlichen Ardeche 
im nächsten Jahr einige Paddler zu 
einer Rhone-Ardeche-Fahrt locken wird, 
möchte ich einige Ratschläge aus den 
Erfahrungen unserer heurigen Fahrt 
geben. 
An der Schönheit und der Fahrbarkeit 
der Rhone im Ober- und Mittellauf hat 
sich fast nichts geändert. Im Unterlauf 
sind die Elektrifizierungsarbeiten und 
damit der Kanalbau gewaltig fortge¬ 
schritten. Praktisch ist die Rhone von 
Le Pouzin, km 133 ab Mündung der 
Saone bis unterhalb Pont St. Esprit 
ungefähr 200 km ab Saonemündung un¬ 
fahrbar oder nur unter großen Schwie¬ 
rigkeiten bei sehr günstigem Wasser¬ 
stand fahrbar. Wir brauchten z. B. vor 
Le Teil für 4 km drei Stunden. Den 
oder besser die Kanäle mit mehreren 
Schleusen zu fahren ist nicht empfeh¬ 
lenswert. Den viele Kilometer lang 
von Dammkrone bis Dammkrone 
schwarz asphaltierten und hoch über 
den Talboden führenden Kanal zu 
fahren, ist nicht erfreulich. Überdies 
führt der Kanal weit abseits von Le Teil. 
düng von hier aus nach Wien bedeu¬ 
tend günstiger ist, als wenn die Fahrt 
in Wolfsthal oder Hainburg zu Ende 
geht. Für jene aber, -die die Fahrt fort¬ 
setzen wollen, wird der von Joh. Lukas 
von Hildebrandt umgebaute Schloßhof 
sichtbar. Im Jahre 1755 erwarb Maria 
Theresia dieses Schloß, das 1760 ver¬ 
größert wurde. Die Prunkräume im 
ersten Stock weisen schöne Stukka¬ 
turen auf. Heute beherbergt Schloßhof 
den östlichsten Gendarmerieposten 
Österreichs. Immer näher schieben sich 
die kleinen Karpathen an die March 
und bei Theben, dessen römische Ruine 
uns von dem fast 100 Meter hohen 
Arpadfelsen grüßt, gesellt sich als 
viertes Gewässer die Donau dazu. Ur¬ 
sprünglich eine Quadenfeste, kam die 
Burg abwechselnd in den Besitz der 
Slawen, Magyaren, Österreich, Ungarn 
und seit dem ersten Weltkrieg ist sie 
der Tschechoslowakei mit dem dahinter 
aufragenden Thebner Kogel (514Meter) 
zugesprochen. Kahle heiße Felsen, das 
steppenartige, das Primitive der Fischer 
am steinigen Strand und in den höhlen¬ 
artigen, mückendurchsummten Buch¬ 
ten, der Charakter des alten Schiffer¬ 
dorfes Theben (das einst die besten 
Donauschiffer lieferte), wie es da in 
seinen Obst- und Akaziendickichten 
versinkt: All dies gemahnt uns, daß 
unsere Faltbootwanderung an der öst¬ 
lichsten Donaupforte Österreichs, an 
der Porta Hungarica, am Tor zum 
Orient sich ihrem Ende nähert. 
Die Ardeche ist für den Fremdenver¬ 
kehr bereits weitgehend aufgeschlossen. 
Die Straße, die früher beim Pont d'Are 
endete, führt nun schon fast in die 
halbe Schlucht. Kleine Wochenend¬ 
häuschen, Pfadfinderlager und ein 
internationales Lager für Sonnmenschen 
sind nun schon ständige Einrichtung. 
Schafhirten heben Gebühren für das 
Zelten ein. Von St. Martin aufwärts 
fahren weit bis in die Schlucht Motor¬ 
boote. Von Vallon fährt täglich eine 
Plätte mit zwei Schiffern bemannt bis 
St. Martin. Diese hölzerne Barke wird 
dann von St. Martin mit einem für 
diesen Transport praktisch eingerich¬ 
teten, vorsintflutlichen PKW samt allen 
Fahrtteilnehmern nach Vallon zurück¬ 
geführt. Die Schönheit dieser herrlichen 
Gegend und dieser Flußfahrt hat durch 
all dies nicht gelitten, die Einsamkeit 
dieser nur am Wasser zu erreichenden 
einmaligen Landschaft existiert jedoch 
nicht mehr. 
Aus diesen Betrachtungen heraus daher 
drei praktische Ratschläge: 
1. Nicht mehr bis Le Teil fahren, son¬ 
dern in Le Pouzin am rechten Ufer vor 
der Brücke ausbooten. Fernmündlich 
den Fremdenverkehrs-Verein Vallon 
(Syndicat d'initiative) anrufen und den 
Dr. Leopold Kassecker 
Tips für Rhone-Fahrten 
ÖSTERREICHS PADDELSPORT 12/60 
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