Volltext: Österreichs Paddelsport 1960 (1960)

es dann nur noch wenige hundert 
Meter bis zur Enns und dem Zeltplatz. 
Neben dieser Fülle an schönen Wild¬ 
flußfahrten, die während der Interna¬ 
tionalen Wildwasserwoche täglich 
durchgeführt wurden, gab es Lehrvor¬ 
träge aller Art. So konnten sich die 
Paddler beispielsweise über moderne 
Methoden der Ersten Hilfe, speziell für 
Wassersportler, unterrichten. Er konnte 
Vorträge von erfahrenen Wildwasser¬ 
fahrern über Bootssicherungen, Boots¬ 
bergungen, Wasserbeobachtungen usw. 
anhören sowie Lichtbilder- und Schmal¬ 
filmvorträge besuchen. 
Freitag abend gegen 21 Uhr kam dann 
„Tschochtan", der Herr und Meister 
aller Gewässer, zu den Paddlern. Sie 
erwarteten ihn im Halbkreis um zwei 
lodernde Holzstöße geschart, welche 
ihm den Landeplatz weisen sollten. 
Völlig mit Wasserplanzen behängen 
entstieg er der Enns. Auf einen Drei¬ 
zink gestützt, an dem eine große Forelle 
zappelte, hielt er eine Ansprache an die 
Paddler. Ehrfürchtig geleiteten sie ihn 
durch das Zeltlager in den Saal des 
Gasthauses Krenn, wo er dann zu Ge¬ 
richt saß über alle, die sich gegen seine 
Gesetze vergangen hatten. Ungefähr 
dreiviertel aller Teilnehmer an der 
Wildwasserwoche hatten das auch in 
mehr oder weniger grober Form getan. 
Besonders hart bestraft wurden die 
sogenannten „Bootssicherungsvernach- 
lässiger“. Für jeden Umschmiß mußte 
der Sünder einmal den Ennsstein küs¬ 
sen der mit Salz und Pfeffer bestreut 
war, und ein Stamperl Essigwasser 
trinken, wobei der Rekord bei zwölf 
Wiederholungen lag. Einige bekamen 
für „besondere Leistungen“ Urkunden 
verliehen. Ein Lehrwart erhielt eine 
Brille ohne Gläser, da seine beim Ken¬ 
tern versunken war. Ehe der „Tschoch¬ 
tan" in die Fluten zurückging, um der 
Salzahexe noch einen Besuch zu 
machen, begrüßte er auch noch den 
Bürgermeister von Großreifling. Auch 
dieser mußte ein Stamperl Essigwasser 
trinken — aber hier war es eine Geste 
des Dankes an alle Großreiflinger 
Bürger, die die Paddler wieder einmal 
so freundlich und nett aufgenommen 
hatten. 
Der Samstag war dann der traditionel¬ 
len Salzaregatta gewidmet mit dem 
Start in Palfau und dem Ziel an der 
Salbzauerbrücke vor der Mündung. 
Trotz des regnerischen Wetters waren 
viele Zuschauer erschienen. Da die 
dortige Gegend kein ausgesprochenes 
Fremdenverkehrsgebiet ist, handelte es 
sich dabei im wesentlichen um ein¬ 
heimische Bevölkerungskreise. Ein 
weiteres Beispiel, wie aktuell der Wild¬ 
wassersport bei den steirischen Ge¬ 
birglern ist. Sie sind dann auch auf 
ihre Kosten gekommen, die Zuschauer. 
Von 75 Regattateilnehmem gingen 
allein am Rechen über 20 baden, ganz 
zu schweigen von denen, die schon vor¬ 
her auf der Strecke „in den Bach 
fielen". Selbst Welt- und Staatsmeister 
haben im Rechen, der bei dem sehr 
niederen Wasserstand schwierig zu 
fahren war, geschmissen. Nur einem 
Fahrer gelang es aufzudrehen, und 
dieser hatte außerdem nur ein Paddel¬ 
blatt. 
Zwischen den einzelnen Läufen zeigte 
Herr Ing. Strohmeier aus Leoben 
Kunststücke mit seinen Wasserskiern. 
Auch er erntete, wie alle Paddler, die 
den Rechen heil durchfuhren, reichen 
Beifall von den Zuschauern. 
Feierlich wurden am Abend, wiederum 
im Gasthaus Krenn, die Sieger geehrt. 
Besonder groß war auch hier die An¬ 
teilnahme der Großreiflinger, hatte 
doch diesmal einer der ihren in der 
allgemeinen Damenklasse den ersten 
Platz belegt. 
Großes Gelächter gab es als Leo Früh¬ 
wirt, Erstbefahrer vieler Wildflüsse und 
Zweitbezwinger der Salzachöfen, den 
Streich eines deutschen Kameraden 
erwähnte. Der Gute hatte, um zu ver¬ 
hindern, daß sein Boot in den Wellen 
sprang, seinen vorderen Spitzbeutel ge- 
Willy Benes 
Vom „Patienten 
Wildwasser-Woche 1959 in Groß-Reifling 
Unter Führung von Leo Frühwirt war 
eine kleine Schar Faltbootfahrer zusam¬ 
men gekommen. Einige von ihnen, alte 
erfahrene Hasen, lehrten die Küken 
das Einmaleins des Wildwasserfahrens. 
Es war sehr lieb anzusehen, mit wie viel 
Emst alle bei der Sache waren. Überall 
wurde fleißig diskutiert und selbst 
wenn man weiter entfernt stand, 
konnte man verstehen, worum das Ge¬ 
spräch ging. Ich sah interessiert einer 
Gruppe zu, in der gerade ein nicht 
mehr junger, aber sehr begeisterter 
Mann seinen Freunden mit seinem 
ganzen Temperament die Durchfahrt 
durch die Hieflauer Höll schilderte. 
Seine Hände zeigten die Paddelstütze, 
dann ein Durchziehen und auch der 
Oberkörper bog und krümmte sich, je 
nachdem, wie ihm der Schwall gerade 
zu schaffen machte. Ohne viel Phantasie 
konnte man die Worte hören: „Auf ein¬ 
mal kam ich da um die Ecke zur 
Einfahrt in die Höll. Den Schwall vor¬ 
her, den hab ich noch gut gepackt, aber 
jetzt, jetzt kam das Heikle. Im Bauch 
hab' ich ein so gewisses Zwicken und 
Rieseln gespürt und aufgeregt war 
ich. Das Paddel war für mich das Wich¬ 
tigste, denn an dem konnte ich mich so 
richtig anhalten, als ich in die Walze 
einfuhr.Mich hatte es abgestoppt, vom 
Boot sah ich überhaupt nichts, nur 
lauter weißschäumendes Wasser. Da 
gab es mir von der linken Seite einen 
Schubs, ich legte auf der rechten Seite 
aus. Das Boot bebte und zitterte wie 
gen einige Steine ausgetauscht. Sein 
Pech wollte es, daß auch er am Rechen 
kenterte und trotz größter Anstrengun¬ 
gen sein Boot nicht selbst bergen 
konnte. Die ihm zu Hilfe geeilten Ka¬ 
meraden entdeckten dann auch prompt 
die Geschichte. Die Einmaligkeit dieses 
Sündenfalls fand dann auch die ent¬ 
sprechende Würdigung vor dem großen 
Publikumskreis. Sicher wird diese Ge¬ 
schichte noch bei mancher Wildwasser¬ 
woche der Zukunft erwähnt werden. 
Wenn ich nun diesen Bericht beende, 
möchte ich vor allem den Leitern und 
Helfern dieser Internationalen Wild¬ 
wasserwoche meine Hochachtung und 
meinen Dank aussprechen. Soweit ich 
als Norddeutscher diese Veranstaltung 
beurteilen kann, war sie nicht nur 
organisatorisch und technisch ein voller 
Erfolg, sondern noch mehr im Hin¬ 
blick auf gegenseitiges Kennen- und 
Verstehenlernen. Wenn man diese 
Werte hinzurechnet, wird man sich im¬ 
mer wieder wünschen, zur Internatio¬ 
nalen Wildwasserwoche nach Gro߬ 
reifling fahren zu können. 
zum zünftigen Fahrer 
ein scheues Roß vor einem Sprung über 
die Hürde. Ich selbst konnte nichts 
dazu beitragen, da hinauszukommen. 
Mein einziger Gedanke war: nur nicht 
aus dem Schifferl rausfliegen, nur 
schön Sitzenbleiben, es wird schon 
gehen. Und es ging auch. Jedesmal zit¬ 
terte sich das scheue Boot mit seinem 
Fahrer irgendwie durch die Schwälle 
und jedesmal wurde freudig und mit 
viel Temperament darüber gesprochen. 
Ich fand an dieser Art Unterhaltung 
meine Freude und erkundigte mich bei 
anderen Kollegen, von wo diese Gruppe 
wohl sei. Ja das sind St. Pöltner, sagte 
mir eines Tages Leupolt. Und der 
Kleine mit der Sonne am Köpferl. wer 
ist das? Das ist Zwettler, der hat erst 
angefangen zu fahren. 
Es vergingen etlicheWildwasser-Wochen, 
bei denen ich anwesend war. Es war 
eine Freude zuzusehen, und den Fort¬ 
schritt der Leute zu beobachten. Die 
Höll wurde entschärft und die Salza ist, 
Dank der Arbeit der Alten, heute zu 
einem schönen Wanderfluß geworden, 
öfter saß ich mit Leo Frühwirt auf 
seinem Feldherrnhügel bei der „Höll“ 
und beim Salzarechen, wo er die Durch¬ 
fahrt seiner Schützlinge beobachtet. Da 
meinte er: „na heute macht uns nie¬ 
mand eine Freude und geht baden", 
doch innerlich war er zufrieden, denn 
es war ein Beweis, daß all die Lehren 
nicht umsonst waren. 
Man sah alte und neue Gesichter, so 
mancher bekam hier seinen Spitznamen. 
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ÖSTERREICHS PADDELSPORT 12/60
	        
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