Volltext: Heimatland

eine einschiffige, hohe Hallenkirche, in der das Licht- und 
Naumproblem ans das glänzendste gelöst ist. Der ganze Raum 
hat nichts Starres an sich, alles ist Bewegung, jede Linie ist 
gebrochen; es ist jene graziöse Kunst, die das süddeutsche 
Rokoko charakterisiert. Echt Rokoko sind die reizenden Stuck¬ 
verzierungen, die nach Pillwein von Kaspar Modler stammen. 
Dieser Kaspar Modler, ein in Linz ansässig gewesener Stuk- 
katorer, der auch in Wilhering und Engelszell gearbeitet hat, 
ist wahrscheinlich der Sohn des Joh. Bapt. Modler, der aus 
der ausgezeichneten Schule der Münchener Hofstukkateure 
hervorgegangen ist und manche Kirchen, namentlich im Jnn- 
viertel, mit seiner Kunst geschmückt hat. Die Stukkos der 
Minoritenkirche: Hochaltar mit Bild. 
Von B. Altomonte. 
Minoritenkirche können sich nicht mit den farbenbunten, förmlich 
von der Wand losgelösten phantasievollen Schöpfungen messen, 
wie wir sie z. B. in Heiligenstadt oder Raab oder gar in den 
bayerischen Asam-Kirchen bewundern, aber sie wirken in ihrer 
maßvollen Einfachheit überaus vornehm. 
Ueberwältigend groß in den Maßen und doch fein ge¬ 
gliedert, ist der'Hochaltar, ein vollendetes Meisterwerk der 
Altarbaukunst jener kunstfrohen Zeit. Die beiden Chorfenster 
hinter dem Altar nehmen ihm viel von seiner Schwere, auch 
die weißen Holzstatuen, von denen besonders die beiden inneren 
(Joachim und Anna) eine wundervolle Modellierung aufweisen, 
geben dem Altar etwas Gehobenes, Heiteres, Liebliches. Es 
handelt sich bei diesen, sowie den Statuen der Seitenaltäre 
um Holzskulpturen von hohem künstlerischen Wert. Der 
Name des Schöpfers ist bis heute unbekannt geblieben. 
Den Glanzpunkt des Hochaltares, vielleicht der Kirche 
überhaupt, bildet das Altarbild Mariä Verkündigung von 
B. Altomonte (1702 bis 1779). Wir haben es hier zweifel¬ 
los mit einem der reifsten Werke des. großen Barockmeisters 
zu tun, der trotz seiner italienischen Abstammung geradezu als 
Linzer angesehen werden darf, weilerhiermitUnterbrechungen 
den größten Teil seines Lebens verbracht hat. 
Eine wahre Augenweide bilden auch die sechs Seiten¬ 
altäre. Den ersten und dritten Altar auf jeder Seite schmückt 
je ein Meisterbild vom Kremser-Schmidt, die beiden mittleren 
tragen über einem Tabernakel ein kleineres Bild inmitten 
schöner Holzschnitzereien von Hiebel und Taitel. 
Besonders schön sind die Statuen des heiligen 
Sebastian sowie der weiblichen Heiligen auf der 
Evangelienseite. Außerdem sind die Altäre von 
reizenden Putten belebt. Noch ein Wort über 
die vier großen Seitenaltarbilder. Sie stammen 
von Johann Martin Schmidt (1718 bis 1801), 
der von seiner Vaterstadt Krems in der Kunst¬ 
geschichte unter dem Namen Kremser-Schmidt 
bekannt ist. Unsere vier Bilder in der Minoriten¬ 
kirche sind vor Jahren von dem Wiener Maler 
Hans Viertelberger renoviert worden und sind 
von außerordentlicher Schönheit. Ein kunsthistorisch 
recht bemerkenswertes Bild birgt die Nische zu 
Beginn des Längsschiffes an der Epistelseite, ein 
heiliger Franziskus im Gebete vou einem italie¬ 
nischen Meister des 17. Jahrhunderts. Auf dem 
Altar des heiligen Josef Cup. steht eine Gruppe 
mit einer eigenartigen Darstellung der heiligen 
Anna selbdritt, eine seinerzeit in der kirchlichen 
Kunst sehr beliebte Art, die heilige Anna, die 
Mutter Gottes und das Jesuskind zusammen in 
einer Gruppe darzustellen. Diese Gruppe — es 
sind wie alle übrigen weißgefaßte Holzfiguren 
— weist einen ungewöhnlich schönen Fluß der 
Linien auf. Eine frühbarocke Gruppe mit der 
gleichen Darstellung steht weiter rückwärts auf 
dem Beichtstuhl. Sie stammt vielleicht vom Anna- 
Altar der früheren Kirche, vor dem die einstige 
Bürgerkongregation ihre Andachten verrichtete. 
Unter dem Musikchor mit einer Orgel, die Meister 
Neuhofer zu den besten in der Stadt Linz zählt, 
ist die ehemalige Allerseelenkapelle mit einem 
Steinaltar im Renaissancestil. Hier steht eine 
schöne Holzskulptur der schmerzhaftenMutter Got¬ 
tes (Pietü aus dem 17. Jahrhundert), die noch 
heute viel verehrt wird. Schon vor fast hundert 
Jahren schrieb Pillwein in seiner Beschreibung 
von Linz, daß dieses traute, im mystischen Halb¬ 
dunkel liegende Plätzchen von andächtigen Betern 
fast den ganzen Tag nie leer werde. 
An der Evangelienseite des Presbyteriums 
hängt ein höchst interessantes Bild. Es stellt die Kopie zu 
einem Deckengemälde dar, das nach den Heiligenfiguren zu 
schließen, für ein Dominikanerkloster bestimmt war. Man weiß 
bis jetzt nicht, ob der vorzüglich komponierte Entwurf, den 
manche Fachleute dem Neapolitaner Meister Francesco So- 
limena (1657—1747) zuschreiben, jemals ausgeführt worden 
ist. — Zu erwähnen wäre noch ein vorzüglich geschnitzter 
„Christus im Elend" in einer Pfeilernische unter dem 
Musikchor. 
Manche Kunstwerke kleineren Formates n üssen heute 
wegen gesteigerter Diebstahlsgefähr in der Sakristei aufbe¬ 
wahrt werden. Dazu gehören vier ovale, meisterhaft gemalte 
Barockbilder in schwarzen Holzrahmen, dann vergoldete Re- 
liquienbehälter in reicher Rokokoschnitzerei. In den zwei 
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