Volltext: Zur volksthümlichen Naturkunde (I / 1862)

Ein Landesmuseum setzt sich die Aufgabe, Kunde von 
Land und Leuten zu geben, in die Eigentümlichkeit beider mit 
einem Blicke, welchen die Betrachtung des heimischen Wesens 
schärft, liebend einzudringen. Zu dem Ende werden Archive durch 
forscht, Klima und Witterung beobachtet, Thier, Pflanze und Stein 
wissenschaftlich beschrieben oder in Sammlungen zum Augenschein 
vorgestellt. Waffen, Münzen und Geräthe, selbst einer grauen 
Vorzeit, in welcher längst dahin geschwundene Völker den hei 
mischen Boden bewohnten , werden aus dem Staube der Verges 
senheit hervorgezogen oder dem neidischen Schooss der Erde ent 
rissen. Auch Geist und Gemüth des Volkes, wie sie im Laufe 
der Zeit gewaltet und geschaffen haben, das edelste Erbe der ver 
gangenen Geschlechter, wird der Gegenwart erhoben und der Zu 
kunft gerettet* Geist und Gemüth des Volkes aber spricht auch, 
und zwar nicht selten in den innigsten Lauten, aus seinen Mythen 
und Sagen, offenbart sich am vertraulichsten in Brauch und Sitte, 
Glauben und Meinung* Auch die Natur des Landes , Nationalität, 
Religion und Kirche, die eigenen Thaten und Schicksale der Be 
wohner und die, an welchen sie, im Verband und Verkehre mit 
Stammesgenossen und Fremden, theil genommen haben, alles 
diess findet darin helleren oder dunkleren Ausdruck. Daher ist 
auch seit Jahren fast in allen deutschen Gauen das Bedürfnis er 
wacht, die Quelle volksmässiger Ueberlieferung, welche die Un 
gunst mehrer Jahrhunderte hatte versanden und von fremdem Ge 
strüpp feindlich umwuchern lassen, wieder zu reinigen und, wenn 
auch nur mehr aus still und spärlich rieselnder Fluth, daraus Er 
kenntnis des eigenen innersten Lebens des Volkes zu schöpfen, 
den poetischen Sinn desselben in seinem geheimen Wehn zu be- 
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