Volltext: Das Exlibris

Das Exlibris 
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deren Gesellschaftskreis. „Sibi et amicis" —„sich 
und seinen Freunden" widmet Willibald 
P i r ck h e i m e r, der berühmte Humanist in 
Nürnberg, seine Bücher durch sein herrliches 
Exlibris, das kein Geringerer als Albrecht Dürer, 
Pirckheimers Freund, selbst in Holz geschnitten, 
und das eins der schönsten und interessantesten 
Exlibris nicht nur Bayerns ist. Es zeigt unter 
reichem allegorischem Schmuck von zwei Engeln 
als Schildhaltern getragen das Doppelwappen 
des berühmten Gelehrten und Staatsmannes 
und seiner Ehefrau Kreszentia, geb. Nieder, 
überragt von dem Pirckheimerschen Helm. Wie 
sehr man das Exlibris schätzte und verwendete, 
geht auch daraus hervor, daß Pirckheimer sich 
nicht mit dem Dürerschen Blatte allein begnügte, 
sondern sich später noch ein zweites Kunstblatt 
in Kupfer stechen ließ: „Dann er sich ein schönes 
Emblema erdacht und aufs Kupfer bringen 
lassen, welches er vielen seinen Büchern nach 
Gelegenheit vornen und hinten inseriert" sagt 
Hans Imhof in seinem „Theatrum virtutis et 
honoris" oder „Tugendbüchlein Willibald Pirck- 
heimers" von 1606. Auf diesem seinem zweiten 
Exlibris, gestochen vom Meister I. B. 1529, 
das Pirckheimer aber nur 1 Jahr noch vor seinem 
Tode verwenden konnte, zeigen sich in prächtiger 
Anordnung neben Mißgunst und Anfechtung 
Geduld und Hoffnung und lassen erkennen, daß 
den großen Mann auch Mißgunst und Anfech- 
trmg nicht verschonten, wenn auch Hoffnung 
und Geduld sie überwandten. Nuhig liegend 
trägt die Geduld (Tolerantia) einen Amboß 
mit dem Wappenbilde Pirckheimers, der Birke, 
auf dem Mißgunst (Invidia) mit einer Fange 
ein Herz ins Feuer hält, indes die Anfechtung 
(Tribulatio) mit einem dreifachen Hammer 
darauf loshämmert, daß es Feuer gibt, in das 
aber die Hoffnung (Spes) aus Wolken Tropfen 
der Erquickung und Kühlung fallen läßt. 
Wie für Willibald Pirckheimer, so schuf Dürer 
auch für andere seiner Freunde prächtige Ex¬ 
libris, und seinem Beispiel folgten seine Schüler, 
wie denn überhaupt Nürnberg eine hervor¬ 
ragende Pflegestätte der Exlibriskunst gewesen 
ist. Aus Dürers Schule, wenn nicht von Dürer 
selbst, stammt das schöne Exlibris des Propstes 
von St. Lorenz, Dr. Hektor Poemer in Nürn¬ 
berg (1525), der mehrere Exlibris besaß, das 
Exlibris des Kanonikus Stephan Nosinus von 
Passau, ein Altar mit Iesusbild, zwischen- 
Säulen Wappen (1530), das Exlibris des 
fürstlich würzburgischen und kaiserlichen Nates 
Dr. Sebastian v. Notenhan und viele andere; 
von Dürers Schüler Hans Springinklee ist unter 
andern das Exlibris des berühmten Dr. Johann 
Eck, des gelehrten Gegners Martin Luthers 
(ca. 1518), während dem Freunde Luthers und 
Melanchthons, dem bekannten Senator und 
Nechtsgelehrten Hieronymus Baumgartner, 
Barthel Beham (ca. 1530) ein Exlibris gestochen 
hat. Für Wolfgang Pfalzgraf bei Nhein und 
von Veldenz, Herzog von Bayern, hat Virgil 
Solis unter anderen ein ausgezeichnetes Wap¬ 
penexlibris gefertigt, und viele weitere schöne 
Wappenblätter stammen von Jost Ammann, 
darunter das Exlibris Melchior Schedels von 
Nürnberg (ca. 1570) und das des Theologen 
Dr. Jakob Märtz von Ingolstadt (ca. 1590). And 
so finden wir wohl alle Nürnberger Meister- 
unter den Exlibriskünstlern des 16. Jahr¬ 
hunderts. 
Immer häufiger, immer reicher werden die 
Blätter dieser Kleinkunst im Verlauf dieses 
Jahrhunderts. Aus den Bibliotheken der 
Klöster, aus den Zellen der Mönche, denen das 
B u ch vordem Entstehung und Pflege ver¬ 
dankte, ist es durch die Erfindung Gutenbergs 
heraus getreten in die Welt und ward aller 
Welt zugängig; verhundert- und vertausend¬ 
facht durch den Druck, kehrt das Buch ein in die 
Fürstenhöfe und in die Paläste des Adels, in 
die Wohnstätten der Patrizier und Bürger, in 
die Studierstube der Gelehrten und Dichter, 
bei Geistlichen und Laien, überall willkommen 
und überall geschäht. Dieser Freude am Buche 
und dieser Wertschätzung entsprang auch der 
Stolz über seinen Besitz und der berechtigte 
Wunsch seiner Sicherung, die in dem Exlibris 
zum Ausdruck kamen und in dessen künstlerischen 
Ausführung gipfelten. 
Neben dem Holzschnitt trat allmählich die 
neue graphische Kunst auf, der K u p f e r st i ch, 
der dem 15. Jahrhundert entsprossen, im 16. 
seine Entwicklung und besondere Pflege ge¬ 
funden und den Künstlern neue Ausdrucks¬ 
mittel geboten hat. Durch den Kupferstich 
erhält das Exlibris eine neue Note; neben die 
schönen kräftigen Holzschnitte, oftmals bemalt, 
treten die gestochenen, schmuckreichen Blätter, 
rechte Blüten der Nenaissance, in ihrer 
vollen Formenschönheit. Mit dem Kupferstich 
tritt ein neues Element im Dekor des Exlibris 
auf: D a s P o r t r ä t. Stolz auf seinen Besitz 
und im Bewußtsein seiner Würde und seines 
Ansehens läßt der illustre Buchbesiher sein 
Bildnis auf dem Exlibris anbringen und damit 
sein Eigentum der Mit- und Nachwelt bezeich¬ 
nend, daß diese ihn zu beurteilen und 511 be¬ 
wundern Gelegenheit hat bis in ferne Tage. 
Angeachtet der Mehrung der gestochenen 
Exlibris erhält sich auch der Wappenholzschnitt 
und seine Bemalung durch das ganze 16. Jahr¬ 
hundert, namentlich in den herrlichen Exlibris 
der Klöster und ihrer Äbte, der Bischöfe und 
geistlichen Würdenträger. Von dem schönen 
Exlibris des Bischofs voll Konstanz, Hugo von 
Hohenlandenberg, vom Jahre 1504 bis 511 
jenem des Fürstbischofs von Eichstätt, Martiil 
von Schaumburg, 1560—1590, und jenem 
der Benediktinerabtei Andechs von 1588 und 
1590, sowie weiterhin finden wir viele bemalte 
und unbemalte Holzschnitte für Klöster wie 
für höhere mrd niedere kirchliche Würdenträger, 
darunter Wolfgang Seidl, genannt Sedelius, 
eiilen gelehrten Benediktiller zu Münchell, 
Salzburg und Tegernsee, 1543, Propst Johann 
Ecker von Schäftlarn 1545, Kanoniklls Baldinger 
von Freising 1547, Abt Balthasar von Tegern¬ 
see 1556, Abt Benedikt Gangenrieder von Tier- 
haupten 1587 und viele andere. Auch unter 
dem Adel und den Gelehrten finden wir lange 
noch Freunde des Holzschnitts und uilter ihnen 
den bayerischen Nechtsgelehrten Dr. Wiguleus
	        
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