Volltext: 70 Jahre Kuranstalt Bad Hall

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Zu Ende des 13. Jahrhunderts unterschied man zwischen 
„Markt Hall" und „Dorf Hall" und da die Pfarrkirche in 
„Dorf Hall" lag, so nannte man das „Dorf Hall" später ein¬ 
fach Pfarrkirchen, welcher Ausdruck zunächst den Rang der 
Kirche unter den übrigen Kirchen und Kapellen des Hall¬ 
gaues bezeichnen sollte, später aber der Eigenname des Ortes 
wurde. 
Ueber die Baugeschichte dieser Kirche im heutigen Pfarr¬ 
kirchen ist bekannt, daß Abt Ulrich III. von Kremsmünster 
(Abt von 1173 bis 1182) in Hall-Pfarrkirchen dieselbe bauen 
ließ und von einem Bischöfe von Passau, dessen Name aber 
nicht genannt ist, geweiht wurde. Der diese Weihe vornehmende 
Bischof bestimnite auch genau die Grenzen des Pfarrbezirkes. 
1326 wurde ein bedeutender Umbau, wenn nicht ein 
Neubau vorgenommen. Zeugnis dafür gibt der vorhandene 
Ablaßbrief (Rom 1326), in welchem es heißt, daß auf demütiges 
Bitten der geliebten Söhne Ortolf und Conrad (zwei Krems- 
münsterer Geistliche, die zur Er¬ 
reichung des Ablaßbriefes nach 
Rom gereist waren) allen jenen 
Gläubigen, welche die Kirche des 
heiligen Georg, Briccius, Elisa¬ 
beth, Margaret, Jakob und An¬ 
dreas in Hall (Pfarrkirchen) an 
gewissen Festtagen besuchen und 
zum Kirchenbau hilfreiche Hand 
leisten, gewisse Ablässe erteilt 
werden. Wahrscheinlich stammt 
das Altarhaus — ausgenommen 
natürlich die innere Einrichtung 
— aus jener Zeit. 
Um 1300 erscheint als schon 
bestehende Filialkirche von Pfarr¬ 
kirchen (Dorf Hall) eine Kapelle 
im „Markte Hall" als „Kapelle 
der heiligen Margarete zu Hall 
am Anger" auch „Kapelle unter 
den sieben Linden" genannt. An 
letztere Benennung erinnert das 
Wappen des Marktes, das, wie 
schon erwähnt, eine Kirche um¬ 
geben von Lindenbäumen zeigt. 
Eine eingehende Beschreibung der 
Kapelle ist in den „Christlichen 
Kunstblättern", Jahrgang 1871, 
Nr. 5, in einem Artikel „Die 
Kirchenbauten in Hall" von P. Florian Wimmer enthalten. 
Als Wohltäter dieses Kirchleins erwiesen sich vor allem zwei 
Geschlechter, die SinzendorserH und die von Rohr. 1390 machte 
Friedrich von Sinzendorf, der Pfarrer zu St. Georgen am 
Ibbsfelde war, eine Schenkung mehrerer Güter und legte 
1401 den Grund zu einem eigenen Benefizium, wodurch ein 
Streit zwischen seinem Bruder Hans und dem Pfarrer von 
Pfarrkirchen entstand, den 1405 Abt Stephan von Krems¬ 
münster schlichtete, wobei das Verhältnis des Benefiziaten zur 
Mutterpfarre bestimmt wurde. 1422 „am Montag vor dem 
Prechentage" (d. i. am Montag vor dem Feste der Erscheinung 
des Herrn) stiftete Hans, Sohn des Wolfhard von Sinzendorf, 
Besitzer des Schlosses Achleiten, eine ewige Messe in der 
Kapelle zu Hall am Anger, dessen Sohn Bernhard machte 
1474 ebenfalls eine Stiftung, in der er sich als „rechter Lehen- 
Herr und Erbvogt" der Kapelle nennt. 
Die Familie der Herren von Rohr begabte die St.-Mar- 
gareten-Kapelle am Anger mit mancher Süftung, so 1403 mit 
einer nrouatlichen Messe, die 1404 Herr Wilhelm von Ror, 
Pfleger zu Steyr, und die edle Frau Barbara, sein Gemahl, 
y Das Geschlecht der Sinzendorfer hatte seinen Stammsitz in 
der Pfarre Nußbach und noch heute gibt es eine Ortschaft Sinzendorf. 
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Die Margaretenkapelle in Bad Hall. 
„durch heiligen Willen seines lieben Vaters, Herrn Christian 
von Ror auch seiner Vorvordern und Nachkommen Selenheil 
bestätigt". , 
Die Lehre Luthers fand auch in Hall zahlreiche Anhänger. 
Jahre hindurch unterblieb der katholische Gottesdienst, wie 
eine Notiz aus dem Taufbuche beim Jahre 1622 dartut. Der 
damalige Pfarrer Johann Christoph Dobschitz (1618 bis 1623), 
Pfarrer zu Pfarrkirchen, schrieb nämlich: „Dieses Kind ist das 
erste, welches die Haller in den vier Jahren zur Taufe brachten, 
und dieses hätten sie nicht getan, wenn der Praedicant zu 
Grub (Mühlgrub) zu Hause gewesen wäre." Daß infolge dieser 
Zeitereignisse die Erträgnisse des Benefiziums derart gering 
geworden waren, daß nach Durchführung der Gegenrefor¬ 
mation die Mittel zur Besoldung eines Kaplans nicht hinreich¬ 
ten, ist einleuchtend und das Stift Kremsmünster mußte mit 
Bewilligung des bischöflichen Ordinariates in Passau die 
Stiftung auf eine wöchentliche Messe beschränken. _ 
Wieder war es die Fanrilie 
Sinzendorf, die helfend eingriff 
in der Person des Grafen Lud¬ 
wig Georg von Sinzendorf, des 
heiligen römischen Reiches Erb¬ 
schätzmeister, Obersterbschenk in 
Oberösterreich, Ritter des Gol¬ 
denen Vlieses, Geheimrat und 
Kämmerer, der die Familien¬ 
stiftung 1678 durch Hinzugabe 
von 2000 Gulden vermehrte. 
Durch die Pfarreinteilung 
Kaiser Josefs II. wurde Hall 
1785. eine selbständige. Pfarre 
und von Pfarrkirchen abgetrennt. 
Der Pfarrbezirk ist nicht 'groß. 
Natürlich hat die alte Mar¬ 
garetenkapelle im Laufe der 
Zeiten viele Veränderungen er¬ 
fahren; von dem ursprünglich 
mittelalterlichen Bauwerke blieb 
nicht viel übrig. 1746 war man 
schon nahe daran, an ihrer Stelle 
eine große neue Kirche zu bauen. 
Der Grund zum Neubau lag in 
folgendem: 
' Schon 1744 und 1745 
wurde mit dem Umbau der in 
gotischem Stile erbauten Kirche 
Wie an vielen Orten, war) 
bestrebt, die Pfarrkirche dem 
Zeitstile entsprechend umzugestalten. Das Altarhaus wurde 
gänzlich im Renaissancestil erneuert, das einschiffige Lang¬ 
haus an den Seitenwänden durchbrochen und diese Durch¬ 
brechungen in Arkaden umgestaltet und auf jeder Seite. 
ein Seitenschiff abgebaut, die Maßwerke an den Fenstern ent¬ 
fernt, kurz alle Erinnerungen an die mittelalterliche Bau¬ 
art mußten verschwinden. In der Nacht vor dem Tage, an 
dem der Schlußstein in festlicher Weise dem fast vollendeten 
Bau eingefügt werden sollte, stürzte der ganze Schiffbau, die 
Pfeiler, das Gewölbe mit dem Dachwerk ein und schlug auch 
das Dach und Gewölbe der angebauten Seitenschiffe ein. 
AlexanderFixlmüller, derAbtvonKremsmünster, glaubte nun, 
nach diesem Unglücke sei es das Beste, die Kirche in Pfarr¬ 
kirchen als Pfarrkirche aufzulassen und dafür in Hall eine neue, 
große Pfarrkirche zu bauen. Schon war der Bauplatz bestimmt 
und eine Anzahl Bausteine zusammengebracht, doch der Plan 
blieb unausgeführt „infolge kleinlicher Rücksichten und Neben¬ 
umstände". Das für die neue Kirche in Hall gesammelte Bau¬ 
material wurde zum Wiederaufbau der eingestürzten Pfarr¬ 
kirche in Pfarrkirchen verwendet und dem Orte Hall blieb als 
m 
Pfarrkirchen begonnen, 
man auch in Pfarrkirchen
	        
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